Sogar am Häusl ist Kunst. Besucherinnen und Besucher der neuen Heidi Horten Collection im Hanuschhof in Wien spiegeln sich in charmanten Arbeiten von Andreas Duscha wider. Das Architekturbüro The Next Enterprise hat das ehemalige Gebäude Erzherzog Friedrichs zu einer offenen und exzentrischen Museumsperle gestaltet.
Der Eingang wurde aus dem Altbau herausgeschnitten. Noch leuchten die Fassaden in Vanillegelb, in wenigen Jahren sollen Efeu und wilder Wein romantisch wuchern. Das 17 Meter hohe Foyer mit tonnenschweren, aber scheinbar schwebenden Freitreppen sorgt für einen Raum, der flexibel bespielt werden kann.
Die Eröffnungsschau "Open" stellt das ab Freitag vordergründig mit Skulpturen, Objekten und Lichtkunst unter Beweis. Eine der Attraktionen ist die Architektur mit ihrem atemberaubenden Mix aus Alt und Neu. "Ich sehe das Haus selbst als architektonisches Meisterwerk", sagt Direktorin Agnes Husslein-Arco zur Kleinen Zeitung. Sammlerin Heidi Goëss-Horten betonte, "die Menschen sollen die Möglichkeit haben, dieses Museum zu ergehen."

Ein Porträt der Sammlerin und Museumsgründerin Heidi Goëss-Horten
Ein Porträt der Sammlerin und Museumsgründerin Heidi Goëss-Horten © Akos Burg


In kleineren Kabinetten mit Fischgrät-Parkett werden die wechselvolle Geschichte des Gebäudes erklärt oder Themen vertieft. Ein "Tea Room" mit einer roten Decke aus geschrotteten Alutafeln (Hans Kupelwieser) und Markus Schinwalds Bullaugen-Vitrine betont die Privatheit in der Öffentlichkeit des Museums.

Wie ein Teaser

Diese erste Ausstellung ist wie ein Teaser auf die starlastige Privatsammlung von Horten und ein Schmuckstück inmitten der monotonen Kunstlandschaft mit ihren staatlichen oder städtischen Bunkern. Statt einer Pressekonferenz oder großem Brimborium schenkt die Sammlerin dem Publikum donnerstags freie Eintritte von 18 bis 21 Uhr. Vorausgesetzt, man bucht ein Timeslot-Ticket.
Nebst bekannten Arbeiten wie "Love, Love, Love" von Damien Hirst oder "Besonnener Affe (sehr groß)" des Künstlerpaares Claude und François-Xavier Lalanne überraschen im Reigen der 50 Exponate vor allem jene von jüngeren Künstlerinnen und Künstlern. Das über sechs Meter hohe Auftragswerk "Vibrosauria" des gebürtigen Grazers Constantin Luser ist mit seiner Tuba, vier Trompeten und 20 Hörnern ein echter Hingucker am Eingang. Für die Sichtung des Kopfes muss man einen Stock höher steigen. Dort stehen u. a. Lena Henkes lila Sau "Ur-Mutter" oder die Videoinstallation "Drip/Drop" des jungen Grazers Philipp Timischl im Fokus.

Lucio Fontanas Schnitte durch die Leinwand verbinden alle drei Etagen. Die kuratierten Schwerpunkte, die sich um Licht, Schrift sowie die Beziehung von Mensch, Tier und Natur drehen, wirken zu konstruiert. Wie sich der Bau bei einer Themenausstellung zeigt, wird sich im Herbst bei "Look" über Mode und Weiblichkeitsbilder weisen.
Und: Auf das 2022 veröffentlichte Gutachten zur NS-Vergangenheit von Hortens verstorbenem Mann Helmut, der jüdische Eigentümer ausnutzte, wird in einem Einführungstext verwiesen. Inklusive weiterführender Info auf die Homepage.

Museumsdirektorin Agnes Husslein-Arco
Museumsdirektorin Agnes Husslein-Arco © Privat/Xandra M. Linsin

"Es ist wie Ostern und Weihnachten zusammen"

Agnes Husslein-Arco ist die Direktorin des Privatmuseums Heidi Horten Collection. "Es ist wie Ostern und Weihnachten zusammen, wenn man in so einer besonderen Sammlung arbeiten darf. Diese hat eine große, interessante Spannweite – nämlich von Ende des 19. Jahrhunderts bis heute. Es ist eine Sammlung, die einen großen Charakter hat. Dieser wurde ihr von der Sammlerin Heidi Goëss-Horten auferlegt, die einen sehr ausgeprägten Geschmack hat", sagt die Leiterin des neuen Horten-Museums zur Kleinen Zeitung. "Und das i-Tüpfelchen, das Sahnehäubchen dieser Sammlung ist, dass richtige Zimelien in dieser Sammlung sind: Meisterwerke der Kunstgeschichte. Man ist sehr privilegiert, wenn man damit arbeiten darf. Für Österreich ist das ein Geschenk: In dieser Sammlung befinden sich Werke, die es in keiner anderen öffentlichen Sammlung gibt." Zwei Ausstellungen seien pro Jahr geplant, erklärt die 68-Jährige bei einem ersten Rundgang. In der Eröffnungsschau "Open" wollte man "das Haus zeigen, wie es geplant ist – völlig frei von Stellwänden." Jede neue Schau birgt also auch Überraschungen bei der Architektur.