Die Sanktionierungen, die nun einen systemnahen russischen Künstler wie den Dirigenten Valery Gergiev getroffen haben und der Umstand, dass die auch nicht gerade Putin-kritische Anna Netrebko offenbar vorsorglich gleich einmal alle Auftritte abgesagt hat, sind in Europa auf Wohlgefallen gestoßen: Endlich zeigt man den Russen einmal, was eine echte Demokratie ist.
Entlassungen, Auftrittsverbote und die Aufforderung zum Kniefall via Ultimatum: Das klingt allerdings überhaupt nicht nach Demokratie, sondern nach Zwang und Repression. Sanktionen gegen einzelne Personen, die dem diabolischen System Putins zwar nahestehen, aber wohl kaum an Kriegshandlungen beteiligt sind, sind eine äußerst heikle Sache. Was kommt als Nächstes: schwarze Listen?
Natürlich: Gergievs politische Verstrickungen sind höchst fragwürdig, aber nicht erst seit gestern. In Zeiten, als Kriegsherr Putin "nur" Grosny dem Erdboden gleichgemacht hat, und "nur" in die Krim einmarschiert ist, war es aber durchaus noch opportun, Putins alten Kumpel Gergiev mit einer Spitzenposition zu bedenken. Oder ihn das Sommernachtskonzert der Wiener Philharmoniker in Schönbrunn dirigieren zu lassen.