Sie ist erst 27 Jahre alt, aber bereits unverkennbar in ihrem künstlerischen Ausdruck – und nun auch Trägerin des „Morgenstern“-Preises, den das Land Steiermark seit 2019 gemeinsam mit der Kleinen Zeitung vergibt: Die gebürtige Oberösterreicherin Lisa Reiter, zuletzt jahrelang umtriebige Angehörige der jungen Grazer Kunstszene, erhält die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung für „ein stringentes Werk, das mit einem Minimum an Mitteln ein Maximum an Aussage erreicht“, so die Jurybegründung.
Bemerkenswert sei es, heißt es darin weiter, dass sich Reiter „mithilfe eines als zutiefst feminin wahrgenommenen Materials“ mit Körper- und Geschlechterbildern auseinandersetze. Tatsächlich ist die Künstlerin mit skulpturalen Serien bekannt geworden, in denen sie das Gewebe von Damenfeinstrumpfhosen zu ungewöhnlichen Objekten verarbeitet: Sie spannt den Stoff über Drähte und baut so gleichsam organische Objekte, die an Früchte und Kokons erinnern. Andernorts werden die Strümpfe zur Leinwand, die sie mit Seidengarn bestickt, oder zur Rauminstallation, in der jenes fragile Wachstum anklingt, das sich in Tropfsteinhöhlen beobachten lässt.
„Feinstrumpfhosen“, sagt Reiter selbst, „erinnern in ihrer Erscheinung und Haptik unweigerlich an etwas Menschliches und Körperliches.“. Das einerseits dehnbare und strapazierfähige, andererseits fragile und zerreißbare Material sie damit für sie „zu einem unersetzbaren Medium“ geworden. Insgesamt, so Reiter, drehe sich ihre Arbeit um den menschlichen Körper: „Ich sehe ihn als physische Erweiterung des Selbst, als Kommunikationsmittel, sowie als Archiv von Erinnerungen, Erfahrungen, Erwartungen und Gefühlen.“
Reiter hat an der Akademie für Bildenden Künste in Wien studiert und in Graz vor drei Jahren die Meisterprüfung für Buchbinderei absolviert. Im November wird die aktuell in Wien lebende Künstlerin an der Gruppenausstellung „Mutantengarten“ im Afro-Asiatischen Institut in Graz teilnehmen. Der „Morgenstern“-Preis wird ihr im Rahmen der Landeskulturpreisverleihung im Herbst überreicht werden.