„Ich habe rigoroses Vertrauen in dieses Team und finde es exzellent aufgestellt.“ Es gab, man erinnert sich, schon weniger harmonische Führungswechsel im Forum Stadtpark. das klingt diesmal anders. Seit Mittwoch hat die Grazer Wiege der Avantgarde ein neues Leitungsteam. Die bisherige Forum-Präsidentin Heidrun Primas, hat "auf zehn Jahre und einen Tag genau“, den Vorsitz über das traditionsreichen Mehrspartenhauses mit obigem Vorschusslob an ein Trio übergeben: Miri Schmid, Markus Gönitzer und Robin Klengel werden das Forum ab sofort im Kollektiv leiten.
Sie sehe es als „Kunst des richtigen Zeitpunkts“, ihre Funktion jetzt abzugeben, sagte Primas: „Wir sind nach zehn Jahren intensiver Arbeit wieder sehr gut etabliert.“ Kann man so sagen. Primas übergibt ein Haus, das sie wieder zu unbestrittener kultureller und sozialer Bedeutung in der Stadt geführt hat und das in seinen sieben Sparten Literatur, Gesellschaftspolitik, Architektur, bildende Kunst, Fotografie, Musik und Performance bis zu 200 Veranstaltungen pro Jahr bestreitet.
Das neue Führungskollektiv will nun organisatorisch das „relativ überkommenen Vereinskonzept reformieren“ und alle Entscheidungen gleichberechtigt treffen. „Die Zeit der großen Führungsfiguren a la Alfred Kolleritsch ist vorbei“, sagt Klengel. Kolleritsch hat das Haus 26 Jahre lang geleitet.
Inhaltlich will man nun jedenfalls interdisziplinär agieren, – „auch wenn wir damit das Rad nicht neu erfinden.“ Dafür werden Mittel umgeschichtet und die bisher teils recht üppigen Spartenbudgets zugunsten spartenübergreifender Projekte gekürzt. die inhaltliche Verantwortung übernehmen Schmid, Gönitzer und Klengel ab 2022, programmatisch steht bereits einiges fest: Der Schwerpunkt wird nächstes Jahr dem „sperrigen und herausfordernden Thema Sicherheit“ gewidmet sein.
Allerdings will man im Forum die Sicherheitsdiskussion nicht anhand der immergleichen Fragen (Grenzschutz, Migration, Kriminalität) führen: „Uns geht es auch um soziale Sicherheit, etwa für Gruppen, die jetzt nicht mitgemeint sind.“ Ziel des Schwerpunkts sei es, „dass man in der Stadt in einem Jahr über Sicherheit nicht mehr so reden kann wie heute.“
Das Forum bleibt also ein kultur- und sozialpolitisch relevanter und aktiver Ort. Und soll jedenfalls ein „offenes, solidarisches Haus“ bleiben. Dazu wird in dem seit 1960 als Kulturzentrum geführten Gebäude wohl auch die Sanierung des feuchten Kellers beitragen, die derzeit in Gang ist. Noch offen ist, ob die aktuelle Eventfrequenz gleich bleibt: „200 Veranstaltungen pro Jahr überfordern das Haus eigentlich permanent“, so Klengel.
Zu erwarten ist jedenfalls, dass vier frisch gekürte Spartenleiter eine Menge neuer Ideen einbringen werden: Fiston Mwanza Mujila (Literatur) will weiterhin der experimentellen Literatur, dazu aber auch der schwarzen europäischen Literatur, afrikanischer Philosophie und postkolonialen Theorien eine Bühne geben. Markus Waitschacher (bildende Kunst) plant Einzelausstellungen für jüngere Künstlerinnen und Künstler, möchte aber auch „mehr über Kunst diskutieren und streiten – etwa in einem ,Critic’s Club‘“. Sarah Huber (Gesellschaftspolitik) will sich intensiv mit feministischen Theorien und der „Kultur der Solidarität“ befassen.
Ana Jeinic hat die Architektur-Sparte übernommen, in ihren Bisherigen Funktionen verbleiben Clara Wildberger (fotografie), Patrick Wurzwallner (Musik) und Victoria Fux (Performance).
Und Heidrun Primas? Sie wird weiter an Forum-Projekten mitarbeiten, verriet sie. Vorerst aber geht sie einmal nach Wien. Buchstäblich. Sie will mit einem Solidaritätsmarsch für die Flüchtlinge von Moria ein Zeichen setzen. Und auch für danach hat sie schon Pläne: „Ich gehe von der avancierten Kunst in den erweiterten Kulturbereich.“
Besonderer Dank ging im Zuge der geordneten Ablöse an Emil Gruber - krankheitshalber kann der langjährige Forum-Protagonist die nächsten Jahres des Hauses nun nicht mehr aktiv mitgestalten. Es sei ihr ein besonders Anliegen, so Primas vorab, ihm "für die schönen und fruchtbaren Jahre der Zusammenarbeit" zu danken.
Ute Baumhackl