An der Prachtstiege des Kunsthistorischen Museums in Wien prangt seit Montag ein meterhohes weißes Ohr, mit einem mächtiges Hörrohr: John Baldessaris Skulptur „Beethoven’s Trumpet (with Ear) Opus #132“ ist ein Vorbote der Ausstellung „Beethoven bewegt“, die hier am 25. März eröffnet wird. Die Schau ist das einzige inhaltliche Vermächtnis Eike Schmidts, der vier Wochen vor seinem Amtsantritt als KHM-Chef im November 2019 ausrichten ließ, er ziehe es vor, in Florenz Chef der Uffizien zu bleiben.
Das hat das Haus um „mindestens ein Jahr“ zurückgeworfen, schätzt Sabine Haag: inhaltlich, aber auch in den Verhandlungen mit Kooperationspartnern und Sponsoren. Seit 2009 ist Haag KHM-Generaldirektorin. Schmidt sollte eigentlich ihr Nachfolger sein, mittlerweile ist die Ablöse rückgängig gemacht und die erfolgreiche Museumsmanagerin seit Ende Dezember für fünf Jahre wiederbestellt.
Erfreulich für alle, für die Haag schon immer erste Wahl im KHM war. 2019 verschaffte ihre Caravaggio/Bernini-Schau dem Haus 340.000 Besucher, insgesamt verzeichneten die acht Standorte des KHM-Museumsverbands 2019 nach interner Rechnung gut 1,8 Millionen Besucher (nach Berechnung der Kombi-Ticktes durch das Ministerium etwas weniger: demnach wären es 1,74 Millionen). Und erstmals wurden mehr als 15 Millionen Euro durch Eintritte erlöst.
Nun stellte Haag ihre Vorhaben bis 2024 vor. Freie Hand dafür hatte sie. Schmidt habe „wenig substanzielle Planung“ hinterlassen, erzählt sie. Sein Beethoven-Projekt lobt sie aber als „ungewöhnliches, innovatives Ausstellungskonzept für das Haus“. Im Herbst gibt es wieder klassischeres KHM-Programm: Relativ kurzfristig für ein so großes Museum hat Haag ab 13. Oktober eine Ausstellung zu „Tizians Frauenbild“ angesetzt: Auch vor dem Hintergrund veränderter Weiblichkeitsvorstellungen sei das interessant. 2021 geht es dann um die „Renaissance im Norden“ (mit Schwerpunkt Augsburg), danach folgen Vorhaben zu Themen wie englische Malerei, Rembrandt, Van Dyck. Im zuletzt spärlicher frequentierten Weltmuseum startet im Sommer eine Azteken-Schau (ab 25. Juni, „sicher ein Publikumsmagnet“, glaubt Haag), 2021 folgt eine China-Ausstellung, 2022 eine Schau über das Neue Reich im antiken Ägypten.
Veränderungen im großen Stil hat Haag infrastrukturell im Visier: Sie will die zuletzt 1986 neu aufgestellte Schatzkammer sanieren. Und: Eine neue Einganglösung im KHM auf dem Maria-Theresia-Platz soll barrierefrei sein und verhindern, dass es Schlange stehenden Besuchern in den Kragen regnet. Noch kühner ist das Vorhaben, den bisher kaum genutzten zweiten Stock des Museums auszubauen: 1000 bis 1400 Quadratmeter Ausstellungsfläche würden so gewonnen. Eine Finanzierungszusage dafür gibt es noch nicht, mit der neuen Kunst- und Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) muss Haag erst verhandeln. Je nachdem könnte der Umbau einen einstelligen Millionenbetrag kosten oder auch „ein paar hundert Millionen, wenn man das gesamte Haus grundlegend sanieren will.“
Ute Baumhackl