Herbert Brandl kam, sah und rückte sie schnell noch zurecht. Jetzt schauen die beiden Katzenskulpturen gebannt auf einen Satz an der Wand, der ein bisschen wie der Nucleus von Brandls Arbeit zu lesen ist: „Verstohlen und mit glasigen Wurzeln zuerst, dann mit grünen Fingerchen, betörenden Blüten und schließlich mit zähen, von bemooster Rinde gepanzerten Armen griff die Wildnis nach der Stadt“. Um beim Naturbegriff zu bleiben: Das ist eine Symbiose. Herbert Brandl trifft auf Christoph Ransmayr. Ausgewählte Textstellen aus den Büchern „Die letzte Welt“ und „Der fliegende Berg“ kommunizieren mit Brandls Bildern wie Ruf und Echo. Im Obergeschoss des Belvedere 21 gibt es auch den Raum dafür: „Exposed to Painting“, heißt die Schau und sie zeigt 30 großformatige Gemälde, die der gebürtige Steirer in den vergangenen 20 Jahren geschaffen hat. Ganz neu ist ein Triptychon, dessen Größenordnung sogar für den 61-Jährigen eher ungewöhnlich ist: 18 Meter lang und 3,9 Meter hoch.
Allein die Maße klingen nach Schwerarbeit: „Malerei ist bei ihm immer auch eine körperliche Arbeit, eine Auseinandersetzung mit der leeren Leinwand“, so Kurator Rolf H. Johannsen. Die abstrakte Farbexplosion ist auch eines der ganz wenigen Werke, das einen Titel trägt: „Apokalypse zur schönen Aussicht“ und man darf durchaus aktuelle Bezüge herstellen, denn das Werk entstand, als in Australien die Natur lichterloh brannte. Und da sind wir wieder, am wichtigsten Anknüpfungspunkt seiner Kunst: die Natur. „Im Jahr 2020 sind Herbert Brandls Bilder so ikonisch, dass jeder sofort ein Bild vor seinem geistigen Auge entstehen lassen kann, wenn er seinen Namen hört“, so Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig. Damit gemeint sind unter anderem jene Bergbilder, die schon vor 20 Jahren entstanden sind – und sie wirken mehr denn je.
Die Werke des gebürtigen Schwanbergers zeigen keine Natur, wie der Mensch sie gerne hat: bilderbuchartig und brav. Brandl legt gegen dieses Kontrollieren und mehr noch gegen das Unterwerfen von Natur durch den Menschen sein malerisches Veto ein. „Diese Naturproblematik verfolgt mich schon, seit ich an die Akademie gekommen bin“, so der 61-Jährige, der sich noch gut an die damaligen Proteste in der Hainburger Au und jene gegen Zwentendorf erinnern kann: „Das hat mich damals schon betroffen gemacht“. Nicht zu vergessen, der geplante Kraftwerksbau an der Schwarzen Sulm. Seine Werke sind auch politisch und seine Stoßrichtung ist klar: „Ich möchte, dass unsere letzten Naturschutzgebiete erhalten bleiben“.
Zumindest im Brandelschen Universum darf der Berg noch Berg sein, seine Natur ist kein Statist, in dem der Mensch sein Stück aufführt. Das mag noch mehr in jenen Zeiten gelten, wo die Natur in quadratische Häppchen eingezäunt, als schöne Trophäe im Internet präsentiert wird. Die Bestie ist halt doch am schönsten, wenn sie schnurrt. Das wird einem in dieser Ausstellung nicht passieren: Tosende Bäche, außer Rand und Band, treffen auf übergroße Stiefmütterchen, farbige Landschaften die betören, treffen auf abstrakte Farbwelten. Verlieren wird man sich in allen, so Kurator Johannsen: „Die Bilder neigen dazu, den Betrachter aufzusaugen“.
Neben den Bildern sind auch mehrere Skulpturen zu sehen, die Herbert Brandl extra für die Schau angefertigt hat, darunter ein pinker Gorillakopf, zwei Bronzekatzen, ein Fuchs und andere Raubtiere – in Summe eine sympathische Wächtergruppe. Nicht auf den übergroßen Lucky Luke am Eingang der Ausstellung zu vergessen, ist das der Parkranger? Gut möglich, irgendjemand muss hier im Naturschutzgebiet schließlich den Überblick bewahren.