Gemeinhin werden die verschiedenen Verfahren des Druckens als „schwarze Kunst“ bezeichnet. Daran angelehnt, ist die im Joanneumsviertel gezeigte Ausstellung um das druckgrafische Schaffen von Günter Brus überwiegend vor schwarzen Wänden zu sehen, während Originalzeichnungen in Referenz an weißen Wänden gezeigt werden. Im Bruseum versammelt sind erstmals sämtliche Druckgrafiken, entstanden von 1966 bis 2016, ergänzt um Vorzeichnungen, Probedrucke und Druckplatten.
Früheste Arbeiten, ausgeführt im sogenannten Matrizendruck, führte Brus für das Direct Art Festival aus, 1967 im Wiener Porrhaus. Das Verfahren, in dem eine Vorzeichnung auf mit Spiritus getränktem Papier abgefärbt wird, wurde in dieser Zeit vor allem für schnell gefertigte Flugblätter verwendet. Die Drucke allerdings sind äußerst lichtempfindlich, weshalb nur wenige erhalten blieben. Etliche dieser Blätter entstanden in Zusammenarbeit mit Otto Mühl, während die Motive beispielsweise auf das „2. literarische cabaret“ der Wiener Gruppe im Jahr 1959 verweisen oder Jochen Rindt zeigen.
Während seiner Zeit in Berlin gründete Brus mit Oswald Wiener, Gerhard Rühm, Otmar Bauer und Hermann Nitsch die „Österreichische Exilregierung“. Deren Zeitschrift „Die Schastrommel“, später „Die Drossel“, erschien bis 1977 in 17 Ausgaben. Die im Siebdruckverfahren gefertigten Titelblätter – Brus war Herausgeber und Gestalter – sind ergänzt durch noch erhaltene Zustandsdrucke, über die Farbeinstellungen nachvollziehbar werden.
„Ich bin kein großer Erneuerer der grafischen Künste“, sagt der im September 80 gewordene Günter Brus, vielmehr habe ihn die Technik interessiert und die „künstlerische Intensität der Verletzung des gegebenen Metalls“, insofern „wäre der Begriff Kupfermörder manchmal angebracht“. Wie in der gedruckten Bilddichtung „Kaspar Hausers Geburt in An Alphabetlehem“ (2008) nimmt Brus immer wieder Maß an seinen Aktionen, setzt in großer zeitlicher Distanz Erinnerung und Analyse in seinen Bildern um. Neben 150 druckgrafischen Einzelbildern, darunter Gemeinschaftsarbeiten mit Arnulf Rainer, Dieter Roth und Oswald Wiener, ist auch seine größte Druckgrafik Teil der Schau.
Über acht Monate arbeitete Brus in der Wiener Werkstatt des Druckers Kurt Zein an „Stillstand der Dynamik“. In einer filmischen Dokumentation ist zu sehen, wie Brus die Bilder vorgefundener Gegenstände – Deckel von Farbdosen, Eimer, Teller – akribisch mit diversem Werkzeug in die Kupferplatte ritzt, kratzt und schabt. Es entstand eine Parabel auf die Vergänglichkeit allen Seins.
Erdruckt und erstochen. Die Druckgrafik von Günter Brus. Bis 30. Juni. Bruseum, Joanneumsviertel Graz. museum-joanneum.at
Wenzel Mraček