Die Kunsthistoriker des Hauses geben mit der kleinen Fokusschau eine Probe ihrer "exzellenten wissenschaftlichen Arbeit", wie Generaldirektorin Sabine Haag heute bei einer Pressekonferenz Rosen streute. Ausgangspunkt ist eben jenes Diptychon, in den 1920ern im Wienerwald-Stift Heiligenkreuz aufgetaucht und vom KHM angekauft, ein Tafelbild, das prachtvolle Verarbeitung mit höchst ungewöhnlicher Formensprache verbindet: Fast grotesk gewölbte Stirnen und spinnenhaft lange Finger tragen die Heiligen in diesen Darstellungen, dazu Gewänder, wie sie am französischen Hof üblich waren. Eine Untersuchung der Altersringe des Holzes offenbarte jedoch den süddeutschen oder österreichischen Raum als Entstehungsort, einige der Motive geben Hinweise auf ihre mögliche Bestimmung.

"Ein Franzose in Wien um 1400?" lautet der mit lautstarkem Fragezeichen endende Untertitel der Ausstellung. Ein "rätselhafter Künstler" sei dieser Meister aus Heiligenkreuz, betonte Kurator Guido Messling. Stilistisch hat er einen hohen Wiedererkennungswert, überzeichnete modische Trends seiner Zeit, widmete seine Tafelbilder offenbar gerne den reinen "Bräuten Christi", etwa in einem der wenigen ihm gesichert zugeschriebenen weiteren Werke, einem Diptychon, das den Tod der Heiligen Maria neben dem der Heiligen Klara zeigt und dessen beide Teile nun getrennt in Washington und Cleveland zu Hause sind. "Zum ersten Mal zeigen wir alle seine bekannten Werke gemeinsam", so Messling.

Dazu zählt neben einer Preziose aus dem Belvedere auch ein Diptychon aus dem Kunstmuseum Basel. Es zeigt Christus als Schmerzensmann, wie er fast wehmütig auf die gegenüberliegende Seite, ein inniges Bildnis von Maria mit dem Kind, blickt und steckt noch im originalen Rahmen mit seinen - bis auf wenige Reste und einem vor einigen Jahrzehnten darin verendeten Marienkäfer - leeren Reliquienfächern. Eine neue Behauptung aus den Forschungen des Hauses stellt man mit einem fürstlichen Porträt auf, dessen Original verschollen ist, als dessen Schöpfer man aber den Meister von Heiligenkreuz vermutet. Es zeigt - vermutlich - Beatrix von Zollern, die Ehefrau Herzog Albrechts III. und wäre, sollte es tatsächlich vom selben Künstler stammen wie das Heiligenkreuzer Tafelbild, der erste direkte Link des Meisters nach Wien und an den Wiener Hof. Letztgültig beweisen können wird man es vermutlich nie. "Das Fragezeichen in unserem Titel ist tatsächlich ziemlich wichtig", so Messling.

 "Der Meister von Heiligenkreuz", von 26. März bis 23. Juni. Kunsthistorisches Museum.