Wenn altehrwürdige Museen in den Jubel-Modus wechseln und sogar ein bisschen Popkonzertstimmung herrscht, bahnt sich für gewöhnlich etwas Spektakuläres an. Das passt in diesem Fall gut zum Hauptdarsteller, der mehr oder weniger als Wegbereiter der europäischen Landschaftsmalerei gilt: Pieter Bruegel der Ältere (um 1525/1530–1569). Der Niederländer war schon zeit seines Lebens eine Art Superstar und ist es bis heute geblieben.

Eine Bruegel-Ausstellung gilt gemeinhin als sichere Bank, aber das ist nicht der Grund, warum man im Kunsthistorischen Museum die Fanfaren auspackt.  Sabine Haag, die Generaldirektorin des KHM: „Nie wieder werden so viele Originale in Wien zu sehen sein.“ Zufall ist das keiner: Im nächsten Jahr begeht man den 450. Todestag des Malers. Kern der bislang weltweit größten Ausstellung sind die zwölf Tafelbilder, die im Besitz des Kunsthistorischen Museums sind. Der Rest der rund 90 Bilder und Zeichnungen kommt von 26 öffentlichen und privaten Leihgebern. Darunter auch „Die Anbetung der Könige im Schnee“, für dessen Ausfuhr aus der Schweiz sogar ein Gesetz geändert wurde. Ausgangslage für die Ausstellung war aber ein Forschungsprojekt: Die Getty Foundation nahm ab 2012 den Wiener Bruegel-Bestand unter die Lupe, die Erkenntnisse daraus sind die Grundlage für die Ausstellung.

Ebenso wichtig war noch ein anderer Aspekt, so Sabine Pénot, Mitglied des vierköpfigen Kuratorenteams: „Bruegel gehört wieder ins kollektive Bewusstsein gebracht“ – aber anders, als ihn die Weltöffentlichkeit in den meisten Fällen wahrnimmt: auf Keksdosen oder als Trägermedium für Botschaften. Allein der „Turmbau zu Babel“ ist das wohl meistverwendete Sujetbild zum Thema Sprache.

Schräge Typen, kleine Geister

Im KHM wird Bruegel in seine Bestandteile zerlegt: Schritt für Schritt und Raum für Raum kann sich der Besucher in die Welt des Niederländers eindenken. Wie hat er seine Landschaftsbilder komponiert, wie jene spezielle Form des Weitblicks erzeugt? Besonders spektakulär: Das Bild „Die Kreuztragung Christi“ wurde aus seinem Rahmen entfernt und hängt in einer Spezialkonstruktion, die auch die Rückseite der filigranen Holztafel einsehbar macht. Der Besucher kann sich dem Bild de facto auf Augenhöhe nähern. Der analytische, ironische Blick, den Bruegel auf die Gesellschaft warf, lässt sich in seinen „Wimmelbildern“ ablesen. Allegorische Bilder inspiriert von Hieronymus Bosch mit Hunderten winzigen Darstellern – schrägen Typen, Monstern, kleinen Geistern, aber nie kleingeistig.

Eingerahmt wird die Ausstellung von Einblicken in Forschung und Restaurierung. Auf wie viele Arten hat Bruegel seine Farbe aufgetragen, welche Materialien hat er benutzt? So nah am Maler Bruegel dran war man wohl noch nie. Da darf man ruhig ein bisschen vor Begeisterung kreischen, aber bitte vor dem Museum.