Die nächste documenta kommt bestimmt: Mit dieser Botschaft ist am Sonntag die weltweit bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst in Kassel zu Ende gegangen. Symbolisch verteilte Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) an vier documenta-Besucher Gutscheine für die documenta 15 im Jahr 2022. Eine gemeinsame Abschlussveranstaltung der Stadt und der documenta gab es nicht.

Eigentlich schließt der Oberbürgermeister dabei traditionell das Museum Fridericianum ab. Doch angesichts der ungewissen Zukunft und des drohenden Millionendefizits der Ausstellung vermied man im Rathauses dieses Fotomotiv. Auch das Fazit fiel verhalten aus. Mit Athen als zweitem Ausstellungsstandort sei die documenta 14 "ein großes Experiment" gewesen, sagte Geselle und fügte hinzu: "Die vor sechs Jahrzehnten von Arnold Bode ins Leben gerufene Ausstellung ist sowohl finanziell als auch in ihrer Organisations-Struktur an Grenzen gekommen."

Kritik übte Geselle am künstlerischen Leiter der documenta 14, dem polnischen Kurator Adam Szymczyk. "Die Freiheit des künstlerischen Leiters ist ein wertvolles Gut, das ich auch weiter hochhalten werde", sagte Geselle. Aber diese Freiheit habe ihren Rahmen dort, "wo sie die documenta selbst in Gefahr bringt". Szymczyk hatte kürzlich die Politik angegriffen: Sie habe einen Medienrummel verursacht, indem sie das Bild des unmittelbar bevorstehenden Bankrotts der documenta in Umlauf gebracht habe.

Kurator Adam Szymczyk
Kurator Adam Szymczyk © APA/AFP/RONNY HARTMANN (RONNY HARTMANN)

Für einen positiven Schlusspunkt sorgte am Sonntag der "Parthenon der Bücher". Bis zum letzten Tag der documenta 14 war der Tempelnachbau der argentinischen Künstlerin Marta Minujín Publikumsliebling. Hunderte Besucher standen seit dem Morgen Schlange, um eines der 67.000 verbotenen Büchern zu bekommen, mit denen das Kunstwerk behängt war.

Beliebt bis zum Schluss: der "Parthenon der Bücher"
Beliebt bis zum Schluss: der "Parthenon der Bücher" © AP (Jens Meyer)

Touristisch ist die documenta ein Erfolg für die nordhessische Stadt: "Unsere aktuellen Prognosen deuten darauf hin, dass wir bis Ende des Jahres über eine Million Übernachtungen in Kassel zählen können - und damit erstmals in den siebenstelligen Bereich vorstoßen", sagte Andreas Bilo, Geschäftsführer der Tourismusgesellschaft Kassel Marketing.

Auch Hoteliers und Gastronomen haben offenbar profitiert. Überall an den documenta-Standorten waren neue Biergärten und Bars entstanden. Ob sich der Aufwand unter dem Strich gerechnet habe, könne man zwar noch nicht sagen, erklärte Anna Homm, Geschäftsführerin des Hotel- und Gastronomieverbands Dehoga Nordhessen: "Aber die Tendenz ist sehr positiv."

Unumstritten war das Sicherheitskonzept der Polizei: Die extra eingerichtete Wache auf der Kunstausstellung verwunderte zwar einige Besucher. Aber das Konzept ging laut Polizeisprecher Torsten Werner voll auf: "Die Beamten der Documenta-Wache haben rund 70 Strafanzeigen gefertigt. Das sind weniger als bei den vorangegangenen Kunstausstellungen." Auch Großereignisse wie der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verliefen reibungslos.

Gefragt waren die Polizisten als Helfer: Insgesamt über 800 mal wandten sich Besucher an die Beamten. Trittbrettfahrer - also Menschen, die die Öffentlichkeit der documenta für eigene Zwecke nutzen wollten - gab es zwar. Die Konflikte wurden aber friedlich gelöst.

Die Zukunft der documenta wird in den kommenden Tagen die Gesellschafter - das Land Hessen und die Stadt Kassel - beschäftigen. Das Defizit und seine Ursachen werden untersucht. Die Ergebnisse sollen dem Aufsichtsrat am 21. September vorgestellt werden. Die Gesellschafter wollen dann über Konsequenzen und Bürgschaften für die documenta gGmbH entscheiden.

Auch die endgültigen Besucherzahlen stehen noch aus. Die documenta hatte am Donnerstag von bisher 850.000 Besuchern in Kassel gesprochen. Damit läge sie hinter dem Ergebnis der documenta 13. Damals kamen 905.000 Besucher. Am Zweitstandort Athen zählte die documenta 14 knapp 340.000 Besuche.