Eike Schmidt, derzeit Direktor der Uffizien in Florenz, übernimmt mit 1. Jänner 2019 die Leitung des Wiener Kunsthistorischen Museums (KHM). Der 49-jährige Deutsche folgt damit auf Sabine Haag, die das Haus seit 2009 führt. Diese Personalentscheidung gab heute, Freitag, Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) bekannt.

Eike Schmidt ist zweifelsohne italophil: Der gebürtige Deutsche aus Freiburg lebte bereits in den 1990ern einige Jahre als Stipendiat in den norditalienischen Kulturmetropolen Florenz und Bologna, war im Deutschen Kunsthistorischen Institut von Florenz tätig und übernahm gegen Ende 2015 den renommierten Posten des Direktors der dortigen Uffizien. 2019 zieht es den 49-Jährigen aber nach Österreich.

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Geboren wurde Schmidt am 22. April 1968 in der deutschen Studentenstadt Freiburg. Auch für seine Ausbildung blieb Schmidt zunächst im Bundesland Baden-Württemberg, wo er Kunst an der Universität Heidelberg studierte. Dann bereits zog es den aufstrebenden Kunsthistoriker nach Norditalien, während er 1994 in Heidelberg seine Promotion über die Elfenbeinsammlung der Medici-Familie einreichte. Es folgte die Arbeit am Kunsthistorischen Institut in Florenz, bevor Schmidts US-amerikanische Phase begann.

2001 ging der Kunstexperte als Kurator an die National Gallery of Art in die US-Hauptstadt Washington. Dem schloss sich eine Episode an der Westküste an, wo er zwischen 2006 und 2008 im Getty Museum in Los Angeles tätig war. Ein Jahr war Schmidt Direktor für europäische Plastik beim Auktionsriesen Sotheby's in London, bevor er ab 2009 wiederum in den USA die Skulpturenabteilung am Minneapolis Institute of Arts führte.

Uffizien-Direktor Eike Schmidt übernimmt 2019 KHM-Leitung

Zahlreiche Führungspositionen

Den bisherigen Karrierehöhepunkt erklomm Schmidt schließlich im Jahr 2015. Im Zuge eines bewussten Schritts des italienischen Kulturministeriums wurden zahlreiche Führungspositionen renommierter Kulturinstitutionen mit Ausländern besetzt - allen voran die legendären Uffizien mit Eike Schmidt. Der heute 49-Jährige war der erste Ausländer an der Spitze der einstigen Privatsammlung der Medici seit deren Gründung vor knapp 500 Jahren. Er brachte das weltberühmte Museum auf Modernisierungskurs, sorgte für Renovierung von Sälen, Modernisierung der Sicherheitsanlagen, neue, natürliche Beleuchtung und eine bessere Aufstellung der Gemälde. Unter seiner Leitung wurde 2016 erstmals die Rekordzahl von zwei Millionen Besuchern überschritten. Ein neues Preissystem, mit dem u.a. der Kulturtourismus in der Wintersaison angekurbelt werden soll, wird ab 1. März 2018 eingeführt. Im März 2017 zeigten die Uffizien eine Schau der österreichischen Malerin Maria Lassnig im Palazzo Pitti - was auch Österreichs Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) nach Florenz führte.

Mit 1. Jänner 2019 und damit nach nur etwas mehr als drei Jahren verlässt Schmidt nun die Uffizien wieder, um im Kunsthistorischen Museum Wien den Leitungsposten zu übernehmen. Ein neues Kapitel in der wendungsreichen Karriere des Kunsthistorikers.

Die Verträge

Der künftige KHM-Generaldirektor Eike Schmidt wird allerdings seinen laufenden Vertrag mit den Uffizien in Florenz erfüllen. Deshalb wird der offizielle Amtsantritt im KHM nicht - wie in der Ausschreibung vorgesehen - per 1. Jänner 2019, sondern erst im Laufe des zweiten Halbjahr 2019 erfolgen, hieß es heute bei der Pressekonferenz.

Eigentlich läuft der Vertrag der derzeitigen Generaldirektorin Sabine Haag mit Ende 2018 aus. "Wie der Übergang präzise geregelt wird, werden wir mit Sabine Haag besprechen", kündigte Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) an.

Vertrag von Sabine Haag läuft bis Ende 2018
Vertrag von Sabine Haag läuft bis Ende 2018 © APA

"Ich kann es kaum erwarten", zeigte sich Eike Schmidt voller Tatendrang. Er könne dabei von seinen Reformerfahrungen in Italien profitieren: "Im Grunde geht es darum, ein Programm, das in die gleiche Richtung geht, weiterzuführen - in einer ganz anderen Dimension." Dass er die Spitze der Uffizien bereits nach vier Jahren wieder verlasse, sei ein durchaus gesunder Prozess. Er habe in den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit viele Reformen gesetzt: "Wir haben in dieser Zeit viel mehr realisiert, als ich mir erträumt hatte." Diese Reformen könnten zum Ende seines Vertrages dann quasi als "Selbstläufer" funktionieren.

Lokale Verankerung

Zugleich müssten die neuen Ansätze immer verortet sein, so Schmidt: "Das Digitale ist nur dann sinnvoll, wenn es auf eine Vielzahl von Besuchergruppen bezogen ist." Zur Entscheidung der jetzigen KHM-Führung, zeitgenössische Kunst ins Haus zu holen, halte er für absolut richtig. Aber es müsse einen fruchtbaren Dialog zwischen beiden Ebenen geben.

Die lokale Verankerung des Hauses will der künftige KHM-Chef ebenso ausbauen wie die internationale Stellung. Er selbst stamme aus Freiburg, was lange zu Österreich gehört habe, bemühte sich Schmidt ansonsten um Anknüpfungspunkte an seine neue berufliche Heimstätte: "Auch sind die Uffizien und das KHM historisch und sammlungsgeschichtlich aufs Engste verbunden."

Drozda unterstrich, dass er sich mit seinem Personalvotum entschieden habe, nicht nur "den soliden Weg" Haags fortzuführen, sondern das KHM für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts fit zu machen: "Letztlich habe ich mich entschlossen, die Personalentscheidung zu nutzen, um das Kunsthistorische Museum offensiv weiter zu denken."

Insofern sei er überzeugt, mit Eike Schmidt die richtige Wahl getroffen zu haben: Der Museumsmann habe klare Vorstellungen von neuen strategischen und finanziellen Partnerschaften, einen schlüssigen Plan für das KHM im digitalen Zeitalter und sei entschlossen, neue Besucher für das Haus zu gewinnen. "Ich wünsche mir, dass das KHM zum Synonym für die Geschichte unseres Landes wird", so der SPÖ-Politiker.

Dass Schmidt hierbei auf einem "soliden Fundament" aufbauen könne, sei nicht zuletzt der seit 2009 amtierenden Generaldirektorin Sabine Haag zu verdanken, unterstrich Drozda: "Sie hat in den vergangenen zehn Jahren das Haus mit ruhiger Hand professionell geführt." Das nun getroffene Votum sei keine Entscheidung gegen Haag, sondern für Schmidt gewesen.

Auch über das Kunsthistorische Museum hinaus will Drozda seine Pläne für die Bundesmuseen noch vor der Wahl umsetzen. Er sei "wild entschlossen", die aus den Erkenntnissen des in Auftrag gegebenen Weißbuchs entsprungenen Reformen im Herbst durchs Parlament zu bringen: "Wenn es sein muss auch mit Mehrheiten abseits der Koalition."