Da haben nicht nur kunstaffine Menschen gestaunt, als Adriano Pedrosa, Chef der aktuellen Kunstbiennale in Venedig, auch Frida Kahlo (1907-1954) auf seiner Liste der Künstlerinnen und Künstler für die diesjährige Hauptausstellung angeführt hatte. Das mag wohl seinem Fokus auf die Kunst Lateinamerikas geschuldet sein, aber ungewöhnlich ist es trotzdem: Ein Zugpferd dieser Größenordnung in einer Ausstellung, die auf die zu wenig beachtete Kunst des globalen Südens abzielt? Neben Kahlo, deren Werke ihre Premiere auf der Biennale feiern, ist überdies auch Diego Rivera, Kahlos Ehemann, zu sehen.
Wie schwierig und komplex das Verhältnis der beiden war, erzählt sie übrigens selbst: In der Doku „Frida“ (Amazon Prime) lässt Regisseurin Carla Gutiérrez die mexikanische Künstlerin selbst zu Wort kommen. Extrahiert aus Briefen, Essays, Interviews und nicht zuletzt aus ihrem Tagebuch. Neues werden Fans von Kahlo zwar nicht erfahren, aber die Stimme aus dem Off, gesprochen von der Schauspielerin Fernanda Echevarría del Rivero, erzeugt dennoch eine neue Form von Intimität mit der Künstlerin.
Die Königin des Surrealismus
Zeit ihres Lebens stand das Werk von Kahlo im Schatten der Kunst von Diego Rivera, Jahrzehnte später wird sich das umdrehen. Auch die Kunst von Leonora Carrington wurde beständig überschattet von Namen wie Max Ernst, André Breton oder Pablo Picasso, dabei war die geborene Britin nicht weniger als die Königin des Surrealismus. Die Doku „Leonora Carrington – Fantastische Surrealistin“ (Arte Mediathek) zeichnet das Leben der Künstlerin nach, deren zauberhaft, verschrobenen Werke mittlerweile hochpreisig gehandelt werden. „The Milk of Dreams“, das Motto der Biennale 2022, war einem Kinderbuch Carringtons entliehen.
Die Kunst des globalen Südens ist bekanntlich Thema der diesjährigen Biennale-Hauptausstellung. Die Doku „Die neue Schwarze Malerei: Yes We Can“ (ARD Mediathek) widmet sich Künstlerinnen und Künstlern der Black Art und geht der Frage nach, woran es liegt, dass ihre Kunst lange Zeit in der Kunstwelt unterrepräsentiert war. Zu Wort kommen nicht nur Stars wie Michael Armitage, sondern auch Amy Sherald und Kehinde Wiley, die 2018 offizielle Porträts von Michelle und Barack Obama für die National Portrait Gallery angefertigt haben. Nicht nur, dass die Obamas das erste schwarze Präsidentenpaar war, auch mit den beiden Künstlern wurden zum ersten Mal schwarze Kunstschaffende mit dieser Aufgabe betraut.
Frau im männlichen Blickfeld
Apropos westliche Kunstwelt, die lange eine des weißen Mannes war: Lasziver Augenaufschlag, halb nackt und brandgefährlich – „Die Sünde“ (1893) heißt eines der bekanntesten Gemälde von Franz von Stuck. Ein klassischer Fall von Femme fatale, ein Konstrukt männlicher Fantasie, die immer und immer wiederkehrt. Doch es tut sich was, sukzessive forderten in den letzten Jahrzehnten Künstlerinnen ihren Platz in der Kunstwelt ein und Frauen ihr Recht auf die Deutungshoheit über ihren Körper zurück. „Die Femme Fatale in der Kunst – ein Mythos und seine Demontage“ (ARD Mediathek) richtet den Scheinwerfer auf diesen Prozess und entlarvt das zutiefst frauenfeindliche Bild.