Sigmund Freud auf Mörderjagd: In Prag wird derzeit die Mystery-Thriller-Serie "Freud" gedreht, die erste Zusammenarbeit zwischen ORF und dem Streamingunternehmen Netflix. Ausgestrahlt wird die achtteilige Serie rund um den berühmten Psychoanalytiker voraussichtlich im Frühjahr 2020 auf ORF 1. Bei einem Set-Besuch wurden Journalisten erste Einblicke in die Produktion gewährt.
"Wir wollten ihn zeigen als Freud, bevor er Freud war", sagte Produzent Heinrich Ambrosch (Satel Film) im Interview mit Journalisten. Dabei handle es sich nicht um ein Biopic, betonte ORF-Fernsehfilmchefin Katharina Schenk. "Die Serie orientiert sich lose an der jungen Figur von Freud. Sie erzählt ihn als Getriebenen, der mit seinen Theorien aneckt. Man nutzt die Atmosphäre der historischen Figur, um ihn fiktional zu erzählen."
Die deutschsprachige Koproduktion von Satel Film und Bavaria Fiction für ORF und Netflix ist im Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts angesiedelt. Vor dem Hintergrund historisch belegter Details werde ein fiktiver Kriminalfall erzählt, heißt es in den Presseunterlagen zu "Freud": Der 30-jährige Sigmund Freud (Robert Finster) ist vor Kurzem von einer Studienreise aus Frankreich zurückgekehrt. Seine Begeisterung gilt einer neuen Methode, der Hypnose. Doch die Zeit ist noch nicht reif für seine Theorien, sie stoßen auf Ablehnung bei der konservativen Wiener Ärzteschaft. Dazu findet sich Freud bald inmitten einer mörderischen Verschwörung wieder - an seiner Seite das stadtbekannte Medium Fleur Salome (Ella Rumpf) und Inspektor Alfred Kiss (Georg Friedrich).
Die Drehbücher wurden von Regisseur Marvin Kren ("4 Blocks") gemeinsam mit Stefan Brunner und Benjamin Hessler verfasst. "Es ist eine Serie, die stark von der Person und vom Talent von Marvin Kren geprägt ist", sagte Schenk. Sowohl der ORF als auch Netflix hätten sich im Vertrauen auf die Kreativität des Regisseurs zurückgehalten, erzählte auch Kai Finke von Netflix. "Der Blick auf einen jungen Freud, noch in seiner Findung, dann kommt Marvins Energie dazu, tolle Partner - deshalb hat hier sehr viel für uns gestimmt", begründete er das Interesse des Streaminganbieters für die Show.
Aus Prag wird Wien
Die Serie spielt zwar in Wien, gedreht wurde aber hauptsächlich in Prag - aus Kostengründen, wie Ambrosch erzählte. In Wien wurden vor allem Außenaufnahmen gemacht. Aber es habe auch andere Argumente für die Location gegeben, sagte Schenk: "Es ist hier unverbauter und es sind noch andere Bausubstanzen vorhanden."
In einem kurzen Trailer zur Serie, der den Journalisten gezeigt wurde, herrscht eine düstere, mysteriöse Atmosphäre: Ein Vortrag Freuds vor einem Auditorium ist mit unheimlichen, albtraumhaften Sequenzen gegengeschnitten.
Die Dreharbeiten starteten im Jänner und laufen noch bis Mai. Aktuell wird in einem ehemaligen Prager Invalidenheim gedreht, das unter anderem bereits Schauplatz der Netflix-Serie "Charite" war. Der barocke Gebäudekomplex wird in "Freud" zur Psychiatrischen Klinik, dem heutigen alten AKH in Wien.
In den Gängen und Zimmern des weitläufigen Gebäudes herrscht geschäftiges Treiben. Während in einem Korridor gedreht wird, werden in einem anderen Requisiten hergestellt - ein Mann malt Wiener Straßennamen auf Schilder, der Kostümbildner bestickt eine Jacke. Rund 3.000 Outfits werden für die Serie benötigt, davon wurden etwa 80 Kostüme extra für die Show angefertigt. Szenenbildnerin Verena Wagner leitet die mit rund 60 Mitarbeitern, darunter Zimmerleute, Tischler und Maler, größte Abteilung. "Man liest ein Buch und stellt sich etwas dazu vor und im besten Fall stehst du ein paar Wochen später in deiner Fantasie", schwärmte sie.
Die Serie wird zuerst im ORF gezeigt, die Ausstrahlung ist für Frühjahr 2020 geplant. Die erste Staffel wird aus acht 45-minütigen Folgen bestehen. "Freud" sei grundsätzlich auf eine zweite Staffel ausgelegt. Ob es diese geben wird, hänge aber natürlich vom Erfolg ab, sagte Ambrosch. Geplant sei, die Serie um 20.15 Uhr im Hauptabendprogramm zu spielen, so Schenk. Fix entscheiden könne man das aber erst, wenn sie fertiggestellt ist, denn als öffentlich-rechtlicher Rundfunk müsse man natürlich darauf achten, dass der Jugendschutz nicht verletzt wird.
Netflix wird die Serie in rund zehn Sprachen synchronisieren und in 30 verschiedenen Sprachen untertiteln. "Diese Serie wird auf jeden Fall die am weitesten verbreitete TV-Serie Österreichs sein", sagte Ambrosch. Die Kosten für das Projekt wurden nicht verraten.