Während in vielen Bereichen die Rückkehr zur Normalität auf Schiene zu sein scheint, gärt es in der Kulturszene weiter. Nicht nur die Absagen bereiten Kopfzerbrechen, sondern die Frage, wie es im Herbst weitergehen wird – die Sommersaison wurde ohnehin schon weitgehend abgeschrieben. Nach ziemlich diffusen Auftritten von Kultur-Staatssekretärin Ulrike Lunacek wird vor allem das „Weltfremde“ der Regeln kritisiert.
Burgtheater-Direktor Martin Kušej, der derzeit im Kärntner Domizil an seiner „Maria Stuart“-Inszenierung für die (vermutlich nicht stattfindenden) Salzburger Festspiele arbeitet, bezeichnete die kolportierten Auflagen für die Probenarbeit ja als „völlig plemplem“. Denn: „Man schneidet an der Seele unseres Schaffens herum, wenn man auf der Bühne Sicherheitsabstand verordnet.“ Auch Kušej kritisiert die Kommunikation. „Aktuell passen wir von Pressekonferenz zu Pressekonferenz unsere Proben- und Spielpläne an neue Situationen an – im Falle des Burgtheaters sind das Hunderte Künstler, deren Verfügbarkeit neu abgefragt werden muss. Um Theater wieder zu ermöglichen, müssen nötige Auflagen mit dem Kern der Theaterarbeit kompatibel sein. Wenn das in der jetzigen Situation nicht verantwortbar ist, dann muss man das klar aussprechen.“
Museen zwischen Öffnung und Kurzarbeit
Auch Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) hält die Probenregeln für „absurd“ und spricht sich außerdem dafür aus, die Museen nicht erst ab 1. Juli zu öffnen. Die Bundesmuseen hatten das aus wirtschaftlichen Gründen angekündigt. Kaup-Hasler bekräftigte gegenüber der Kleinen Zeitung ihre Kritik am Primat des Ökonomischen. Mit einer Öffnung ab Mitte Mai hätte man gesellschaftspolitische Haltung zeigen können. Und tatsächlich werden einige Museen schon vor 1. Juli aufsperren. Das Belvedere öffnet seine Nebenhäuser ab Mitte Mai. Einige Kärntner Museen wie das MMKK starten ab Pfingsten, während die Linzer am 1. Juni aufmachen. Auch das Leopoldmuseum in Wien soll vor Juli öffnen.
Anders die Situation im steirischen UniversalmuseumJoanneum: Den prognostizierten Verlust von 1,7 Millionen Euro gelte es „so gering wie möglich zu halten“, erklärt Direktor Wolfgang Muchitsch. Kaup-Haslers Aufforderung sieht er sachlich: „Wir haben nicht freiwillig geschlossen und würden natürlich so früh wie möglich aufsperren.“ Aktuell gebe es aber keine Alternative, um den Schaden zu minimieren, sieht Muchitsch, der auch Präsident des Museumsbundes ist, die Politik gefordert: „Wenn uns die Kulturpolitik nicht ein anderes Angebot als die Kurzarbeit macht, sind wir gezwungen, die Kurzarbeit zu wählen.“ Vorerst heißt es auf die konkrete Ausformulierung der Verordnung. Erst ist klar, unter welchen Bedingungen der Kulturbetrieb in den kommenden Monaten funktionieren soll. Auf einen Unterschied zwischen Joanneum und Bundesmuseen weißt Muchitsch konkret hin: Im Gegensatz zu den Bundesmuseen ist das UMJ auch ein wichtiger Kultur-Nahversorger und weniger von Touristen abhängig: „Darum ist bei uns das wirtschaftliche Problem nicht so groß wie bei den Bundesmuseen. Aber es ist immerhin groß genug, dass wir drei Monate Kurzarbeit brauchen werden." Eine Verlängerung der Kurzarbeit ist für ihn aus jetziger Sicht keine Option.