Überall wo es auf dem Lido Anhäufungen bunter Schirme gab, waren die kollektiven Begeisterungsschreie nur eine Frage der Zeit – mitunter allerdings von Stunden. Denn obwohl die Spätsommersonne an diesem heißen Tag unerbittlich vom venezianischen Himmel brannte, harrten zahlreiche Fans unermüdlich unter dem Schutz ihrer Schirme aus. An der Bootsanlegestelle des Festivalzentrums. Und natürlich vor dem roten Teppich. Objekt der ausdauernden Fanbegierde: Harry Styles, bis 2016 Teenstar der früheren Boyband „One Direction“, der sich solo in Sachen Musik und Mode in den vergangenen Jahren zum Pop-Phänomen entwickelt hat.

Bereits bei seiner Ankunft wurde der 28-jährige Brite im Wassertaxi mit lässigem 1970er-Outfit und rollenlosem Handkoffer von den Paparazzi erwischt. Styles kam, um bei den Festspielen in Venedig den Film "Don’t Worry Darling" von Regisseurin Olivia Wilde ("Booksmart") vorzustellen. Es ist ein Psychothriller, der in die 1950er Amerikas zurückführt, in eine überaus aufgeräumte Kleinstadt irgendwo in der Wüste, wo die Frauen für Familie und Haushalt zuständig sind, während die Ehemänner morgens mit ihren schicken Autos zur Arbeit beim mysteriösen "Victory"-Projekt fahren.

Der Film ist förmlich verliebt in die damalige Zeit. So wie Wilde die Farben und Formen, die Midcentury-Architektur, die Mode und die Musik inszeniert, ist ein Genuss auf der Leinwand. Und doch ist die Oberfläche hier schon zu perfekt und schnell ahnt man, das irgendwas an dieser Sache nicht stimmt. Auch die von Florence Pugh verkörperte Alice, Styles treusorgende Ehefrau im Film und die eigentliche Hauptfigur, versucht gegen alle heftigen Widerstände herauszufinden, was hinter dieser glamourösen, sektoiden Gemeinschaft steckt.

Stilechte Anreise: Schauspielerin und Filmemacherin Olivia Wilde
Stilechte Anreise: Schauspielerin und Filmemacherin Olivia Wilde © Vianney Le Caer/Invision/AP

Lovestory am Set

„Don’t Worry Darling“ ist dabei so spannend und voller Fragezeichen wie das, was sich wohl hinter den Kulissen der Produktion alles abgespielt hat. Schon Monate vor der Außer-Konkurrenz-Premiere sorgte der Film wiederholt für Aufmerksamkeit – vorzugsweise in der Klatschpresse. Das lag nicht nur daran, dass Styles für Schauspieler Shia LaBoeuf einsprang, sondern auch daran, dass Styles und seine Regisseurin seit dem Dreh ein Paar sind.

Bei der Pressekonferenz in Venedig hielten sie professionelle Distanz und saßen auf dem Podium an entgegengesetzten Enden – zwischen ihnen Schauspielerin Gemma Chan und Filmkollege Chris Pine. Dass Hauptdarstellerin Pugh widerum nicht zur Pressekonferenz kam, fütterte weiter die Gerüchte von Unstimmigkeiten zwischen ihr und Wilde. Offizielle Begründung für ihre späte Anreise? Ihre Dreharbeiten zu „Dune 2“.

Die Aufmerksamkeit galt aber ohnehin vor allem ihrem Kollegen Styles. Welche Arbeit er mehr mag, Musik oder Kino? „Musik zu machen, ist eine sehr persönliche Sache“, sagte er daraufhin. „Beim Schauspiel greift man zwar auch auf Erfahrungen zurück, die man gemacht hat, aber größtenteils gibt man vor, jemand anderes zu sein und erforscht andere Welten.“ In „Don’t Worry Darling“ wird er als Schauspieler abgesehen von ein, zwei Szenen zwar nicht wirklich gefordert. Doch er füllt seine Rolle mit Charme und Stil in den eleganten Anzügen und Outfits der damaligen Zeit.

Auch in Venedig war Styles, der in der Vergangenheit mit genderfluiden Auftritten in Röcken, Blusen und Kleidern den Männlichkeitsbegriff in der Mode umdefiniert, wieder ganz Fashion-Ikone: Beim Foto-Call in dunkelblauen Schlaghosen, im Gucci-Sakko und mit blau gestreiftem Halstuch über dem Brusthaar für die Fotografen. Der Hingucker des Tages war er auf dem Festival in Venedig so auf jeden Fall. Ob er aber stundenlanges Warten wert war, das müssen andere beantworten.