„Magst ein Musli?“ Dem Musil und der Musi entkommt man nicht bei dem aberwitzigen und blitzgescheiten Szenen-Potpourri, das Regisseurin Anja M. Wohlfahrt mit ihrem Team exakt am 144. Geburtstag von Robert Musil im Theater Halle 11 auf die Bühne wuchtete. Die 110 Minuten lange, pausenlose Uraufführung des Stückes „mit dem großen Löffel (Musil)“ der 35-jährigen Autorin Effe U Knust geriet am Donnerstag zu einer anspielungsreichen, schwungvollen Revue aus dem „Mann ohne Eigenschaften“-Kosmos des 1880 in Klagenfurt geborenen Schriftstellers.

Das Heute mit „Klimakrise“, „Bildungskarenz“ und „Bauwidmungen auf Seegrundstücken“ weckt Assoziationen zum dem Untergang entgegen taumelnden Kakanien mit seinen Kriegen und Krisen. Diese „Parallelaktion“ auf der Bühne nimmt es dabei locker mit der Vergangenheit auf. Und der Künstler? Der pflegt seine Schaffens- und Identitätskrise, ist „blockiert“ und in all dem „Kein schöner Land“-Geschunkel depressiv. „Ich wäre so gerne genuin“, sinniert er und will endlich „ins Tun kommen“: „Ich könnte ja Autor sein. Ich sage nur Krimi.“ Andere haben „im Leben einen Lauf“, er, der Ulrich aus dem „Mann ohne Eigenschaften“, nimmt jetzt einmal „Urlaub vom Leben“ und stellt sich der Sinnfrage.

Schlag auf Schlag geht es dahin mit der „Vivisektion“ der Gesellschaft, die Robert Musil zu seinem Lebensthema machte. So raffiniert die Autorin Leben und Werk Musils miteinander verwebt, so großartig bringen die Darstellerinnen und Musiker dieses Sprachkunstwerk auf die Bühne. Clara Diemling, Anna Morawetz und Klemens Dellacher spielen, tanzen, singen und performen sich die Seele aus dem Leib, sie verleiben sich den anspruchsvollen Text lustvoll ein und spucken tragisch-komische Sinnsuchende wieder aus.

Zwei Musiker stehen zu Recht mit ihnen im Scheinwerferlicht und spielen nicht nur auf ihren zahlreichen Instrumenten mit. Während der Jazz-Saxophonist Patrick Dunst zwischendurch hingebungsvoll einen dicken, roten Wollfaden zu einem groben Gewebe verstrickt, steht der Schlagwerker und Komponist Grilli Pollheimer auch als Souffleur und Darsteller dem Team zur Seite. Den roten Faden hätte es zur Verdeutlichung der Textcollage gar nicht gebraucht, so wie die Ohropax, die vorsorglich zu Beginn verteilt worden waren. Die Musikzitate von Taylor Swift über Laibach bis Falco und Queen waren zwar zum Teil sehr laut, verliehen aber dem kurzweiligen Abend mit Pop und Ironie Struktur. „Magst ein Musli?“ heißt es, kindlich naiv gefragt, ein paar Mal zwischendurch. Die Antwort ist klar: „Ja bitte, unbedingt!“ Und dazu am besten Originaltexte von Robert Musil zum Nachlesen.