Lydia Mischkulnig, Schriftstellerin:

Jetzt beginnt das Match gegen die Verzwergung, gegen die Biederkeit und gegen die faschistische Enge. Die Verhandlungen zur Regierungskoalition mit einem Kickl werden zeigen, wohin die Reise geht. Bin gespannt, ob die ÖVP mit Nehammer Kickl als Partner und Kanzler für eine weitere Skandal-Periode Blau/Türkis akzeptieren wird. Oder kommt eine Dreier-Koalition? Werden wir in einem Land leben, wo an der Grenze des Verbotsgesetzes durch Nazilieder und gezielte Begrifflichkeit geschrammt wird? Österreich droht eine Orbanisierung, Restriktionen gegen die Pressefreiheit sind zu erwarten, Bildungselitismus, Zwei-Klassen-Medizin. Die Demokratie durch ein starkes Sozialsystem und eine kompetente Klimapolitik zu stärken, verabsäumte ein Großteil der Wählerschaft. Die SPÖ wird hoffentlich das Experiment Babler nicht abstellen, sondern sich endlich erneuern und zu einer gemeinsamen Sprache finden, die einen zeitgemäßen Klassenkampf würdig führen kann.  

Das Match also hat begonnen. Wird Österreich als verlässlicher Partner der EU-Gemeinschaft in Zukunft ernst zu nehmen sein, oder drohen uns Provinzialisierung und Abstieg in ein konservatives Dünkelstadium, wo Armut und soziale Ungerechtigkeit wachsen und die Gesellschaft spalten werden?

 Paul Pizzera
Paul Pizzera © Imago/Manfred Siebinger

Paul Pizzera, Musiker, Kabarettist, Schauspieler:

„Demokratie ist das demütige Akzeptieren, wie einschränkend die Freiheit sein kann.“

Aron Stiehl James Kee
Aron Stiehl James Kee © Markus Traussnig

Aron Stiehl, Intendant Klagenfurter Stadttheater:

Was soll ich zu dieser Wahl sagen? Demokratie bedeutet Verantwortung. Wählerinnen und Wähler wie Gewählte sollten diese wahrnehmen. Dazu gehören SACHLICHE Diskussionen. Respekt. Humanität. Toleranz. Ich sehe aber zunehmend, dass mit Angst und Befindlichkeiten Politik gemacht wird. Dass anderen Menschen das Menschsein abgesprochen wird. Dass Feindbilder aufgebaut werden. Die Spaltung in der Gesellschaft vorangetrieben wird.

Und wie man leider sieht, gibt es Menschen, die mit dieser Taktik Erfolg haben. Das ist erschreckend. Viele Politikerinnen und Politiker stellen ihr Ego vor das Gemeinwohl. Ein Verhalten wie dieses trägt zur Staatsverdrossenheit bei, die ich nicht nur in Österreich vermehrt verspüre. Weil ohne Menschenverstand, ohne eine Vision für DIE MENSCHEN und für ein MITEINANDER Politik gemacht wird. Der Mensch wird mit seinen Bedürfnissen nicht mehr in den Mittelpunkt gestellt. Das sehe ich als Gefahr für unsere Demokratie. 

Es ist zu viel Emotion in der Politik. Und zu wenig Vernunft. Etwas Hitze und etwas Emotion aus den Diskussionen zu nehmen, täte uns allen gut. Wir müssen uns auf unsere Kultur besinnen und wie wichtig diese für unser Land und vor allem auch für unsere Demokratie ist. Sie gemahnt uns, Mensch zu sein.

Schriftstellerin Anna Baar
Schriftstellerin Anna Baar © Johannes Puch

Anna Baar, Schriftstellerin:

„Dieses Wahlergebnis war vorherzusehen. Angst und Wut ziehen immer. Aber dass die Mehrheit der Menschen noch bei Trost ist, ist ein gutes Zeichen.“

Schauspieler August Schmölzer
Schauspieler August Schmölzer © APA

August Schmölzer, Schauspieler und Schriftsteller

„Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass nach unserer historischen Verantwortung, eine nationalistische rechte Partei stärkste Partei in Österreich wird. Aber das ist Demokratie, die von der nationalistischen, rechten Partei bekämpft wird! Fehler: Die ÖVP hat sich von Kurz nicht frei gemacht. Die SPÖ ist ein Kindergarten. Alle ÖVP- und SPÖ-Spindoktoren sofort austauschen. Es fehlen große Persönlichkeiten, überall. Die Diagnose: allgemeine Kleingeistigkeit, Ängste und Feigheit.

Meine Kritik: Warum hat sich die röm kath Kirche nicht wehement gegen die nationalistisch Rechte Anbiederung gewehrt? Mein Rat: Die FPÖ sofort mit der Regierungsbildung beauftragen, in Verantwortung nehmen, dann werden wir sehen .ÖVP, SPÖ in sich gehen, ab in die Oposition und endlich Vernünftig und mutiger agieren.

Die Gefahr: Arbeitslosigkeit plus zwei Kriege, rundum rechtsnationale Parteien in den Regierungen, das soziales Gefälle trotz Wohlstand: Wir steuern damit in eine europäische oder sogar weltweite Katastrophe, deren Auswirkung nicht absehbar sind. Jetzt braucht nur noch Trump die Wahl gewinnen, dann stehe uns Gott, falls es ihn wirklich gibt, bei.“

Regisseur Thomas Roth
Regisseur Thomas Roth © Stefan Pajman

Thomas Roth, Regisseur und Drehbuchautor

Ein sehr dunkler Tag für Österreich. Fast ein Drittel der Wähler hat offenbar nichts aus unserer Geschichte gelernt. Bleibt zu hoffen, dass sich ÖVP und SPÖ jetzt ihrer Verantwortung bewusst sind und es dadurch keine Regierungsbeteiligung einer rechtsextremen Partei geben wird.