Man sollte sich Zeit nehmen für den siebenteiligen Romanzyklus „Eliade“, den Alfred Goubran nach zwei Jahrzehnten nun fertiggestellt hat. Die Cover der Bücher, einmal Monolog, einmal Tagebuch oder Reisebericht, wurden von Nicolas Mahler gestaltet und lassen sich unabhängig voneinander und in beliebiger Reihenfolge lesen. Man könnte also auch mit den beiden, kürzlich als letzte erschienenen Werken „Der große Blabla“ und „Elias“ beginnen.
Nähert man sich dem Werk in der Reihenfolge des Erscheinens, werden allerdings nach und nach die Verflechtungen der Geschichten deutlich: Familienverzweigungen, historische Bezüge, philosophische Weltbilder ergeben ein Ganzes, das aus real Erlebtem ebenso besteht wie aus im Traum oder Wahn Imaginiertem. Das Einlassen darauf lohnt sich: Nichts Schwammiges ist in dieser Sprache, Goubrans Poesie ist sinnlich; assoziativ und bildreich zeichnet er die handelnden Figuren.
Da ist etwa Elias im gleichnamigen Roman, der in unterschiedlichen Lebensphasen auch in anderen Büchern des Zyklus´ auftaucht. Hier reist er durch ein Brasilien abseits der Tourismusprospekte, trifft auf seiner Odyssee zwielichtige Figuren, zelebriert das Sehen und Schauen ohne jede Sozialromantik und erlebt die Lust am Leben. Das hat die Leserin am Ende des Vorgängerbandes „Der große Blabla“ nicht erwartet. Darin sind in einem dystopischen Wien bis auf Elias, den „großen Blabla“, der inzwischen als Professor Schwarzkogler Leiter einer Nervenheilanstalt ist, alle tot: der Theaterdisponent Muschg, der Journalist Münther, der Schriftsteller Aumeier, aber auch Elias´ Frau Isabel, Anna, die einstige Lebensgefährtin Münthers und das Kind Alice.
Der vor 60 Jahren in Graz geborene, in Kärnten aufgewachsene und in Wien und Italien lebende Schriftsteller und Musiker Alfred Goubran ist viel unterwegs gewesen auf der Welt - und in der Literatur. Als Herausgeber, Übersetzer, Verleger und Autor legt er strenge Maßstäbe an das Schreiben an, sowohl bei sich als auch bei anderen. Kompromisslos und entschlossen seziert er die Gesellschaft und entlarvt Bigotterie und Alltagsfaschismus. Seine Protagonisten sind träumende Helden, suchende Forscher, Grenzgänger zwischen Realität und Magie. Mit ihnen fällt es leicht, sich in diesem Gewebe aus phantastischen Geschichten und klugen Beobachtungen zu verstricken, die Lebenszeit, um die es in den Romanen immer wieder geht, lohnend zu nutzen. Der Literaturkritiker Stefan Gmünder hat sich die Zeit genommen und einen Kommentarband zu dem Romanzyklus herausgebracht: „Für Alfred Goubran bedeutet Kunst einen Salto Vitale hinaus aus erlebter oder erdachter Ausweglosigkeit - und hinaus aus einem in den Kategorien der Alternativlosigkeit gefangenen Denken“.
Karin Waldner-Petutschnig