Kaśka Bryla
Im Jahr 2020 zog Kaśka Bryla, die damals in Leipzig lebte, eine Rabenkrähe groß, sie taufte sie auf den Namen Karl: „Das wäre nicht möglich gewesen, wenn ich nicht zu Beginn der Pandemie an Corona erkrankt wäre, denn das Aufziehen erforderte sehr viel Aufmerksamkeit. Ich habe Karl am Anfang mit einer Pinzette gefüttert“, erzählt die 46-Jährige. Karl lebt mittlerweile mit anderen Krähen, aber in die Literatur von Kaśka Bryla kommt er seit damals regelmäßig geflattert und wird auch im Bachmann-Text eine Rolle spielen.
Aufgewachsen ist Bryla in Wien als Tochter polnischer Immigranten: „Aber ich war oft bei der Familie in Warschau zu Gast, auch meine erste Sprache war Polnisch“, erzählt die Autorin, die ausschließlich auf Deutsch schreibt: „Hier habe ich das Niveau, um mich literarisch auszudrücken.“ 2020 erschien ihr Debütroman „Roter Affe“, 2022 folgte „Die Eistaucher“. Dass Schreiben ein einsamer Job ist, gleicht sie unter anderem mit der Arbeit für das Theater (zuletzt wurde in Dresden ihr Stück „Im Osten nichts Neues oder Wer wem den Hintern auswischt“ uraufgeführt) sowie für die von ihr mitbegründete Literaturzeitschrift „PS – Politisch Schreiben“ aus. Die Teilnahme am Bachmann-Preis ist für sie denn auch die Möglichkeit, der Zeitschrift mithilfe des Video-Porträts Aufmerksamkeit zu verschaffen: „Das ist in keinem anderen Bewerb so möglich.“
Ulrike Haidacher
Sie bringt viel Bühnenerfahrung mit: Ulrike Haidacher hat gemeinsam mit Antonia Stabinger (“Flüsterzweieck“) sechs Kabarettprogramme quer durch den deutschen Sprachraum gespielt und zahlreiche Preise eingeheimst (u. a. Grazer Kleinkunstvogel, Förderpreis beim Österreichischen Kabarettpreis). Gerade wurden die allerletzten Vorstellungen absolviert, weil sich das Duo „künstlerisch auseinander entwickelt hat“, erzählt die 38-Jährige.
Das liegt auch daran, dass Haidacher sich zuletzt auf die Literatur konzentriert hat: „Während der Pandemie konnten wir natürlich nicht spielen, also habe ich geschrieben.“ 2021 ist das von der Kritik gelobte Debüt „Die Party“ der gebürtigen Grazerin erschienen, am 29. Juli folgt der neue Roman „Malibu Orange“. Mit einem Auszug daraus, den sie zu einem eigenständigen Text umgeschrieben hat, wird die in Leoben aufgewachsene und in Wien lebende Germanistin nun beim Bachmann-Preis antreten und geht das Abenteuer sehr entspannt an: „Ich habe als Kabarettistin gelernt, mit Kritik umzugehen.“ Schließlich seien zwei junge Frauen mit absurden Sprachspielen nicht immer das, mit dem das Publikum auf diversen Dorfbühnen gerechnet habe: „Einmal ist sogar ein Mann aufgestanden und hat gesagt: ,Sie haben es geschafft, ich gehe.´“, erzählt sie lachend. Und freut sich auf „die Stimmung vor Ort“ und darauf, „mit dabei zu sein“.
Johanna Sebauer
Der Text, mit dem Johanna Sebauer nach Klagenfurt kommt, ist das Resultat ihrer Flugangst. Bei einem Flug habe sie sich selber gesagt: „Johanna, lenk dich ab, indem du dir eine Geschichte ausdenkst.“ Herausgekommen ist eine Geschichte rund um ein „Essiggurkerl, das einen großen Wirbel in der Gesellschaft verursacht“, erzählt die 36-Jährige.
Ursprünglich wollte Sebauer Journalistin werden, aber „das literarische Schreiben passt viel besser zu mir“, hat die Burgenländerin, die seit zehn Jahren in Hamburg lebt, nach einigen Praktika gemerkt. In der Hansestadt arbeitet sie als Öffentlichkeitsarbeitern für das Leibniz-Institut für Medienforschung und gestaltet einen Podcast: „Die Kombination aus akademischen Themen und dem literarischen Schreiben ist genau das Richtige für mich.“
Dass sie in Klagenfurt mit dabei ist, ist für sie „eine große Ehre“. Schon im Vorjahr hat ihr Verlag vorgeschlagen, dass sie sich dem Wettlesen in Klagenfurt stellen soll: „Damals war ich froh, dass es nicht klappte. Ich hatte das Gefühl, man braucht dafür Nerven aus Stahl.“ Dann ist ihr viel beachteter Roman „Nincshof“ über ein kleines burgenländisches Dorf, das von der ganzen Welt vergessen werden möchte, erschienen. Vier Auflagen, über 20.000 verkaufte Exemplare und zahlreiche Lesungen später fühlt sie sich bereit für Klagenfurt: „Ich freue mich auf die Atmosphäre vor Ort.“
Tamara Stajner
Für Nervosität hatte Tamara Stajner eigentlich gar keine Zeit, hat die Bratschistin doch gerade noch beim Liszt Festival Raiding mit der „Wiener Akademie“ unter Martin Haselböck gespielt. Ab dem Alter von acht Jahren hat die in Krško aufgewachsene Musikerin Geige gelernt, aber „ich habe sehr früh auch schon geschrieben“, erzählt die 36-Jährige. Als sie im Alter von 16 Jahren eine „kleine Krise“ hatte, wohin es gehen sollte, sagte ihre Literaturprofessorin: „Geh nach Wien und studiere Musik, denn die Worte werden bleiben.“
Ein guter Rat, wie sich herausstellen sollte: Stajner studierte Viola an der Wiener Musikuniversität und lernte noch etwas: „Im Deutschen fühlte ich frei, mehr vielleicht als in der slowenischen Sprache. Deutsch ist eine großartige Literatursprache.“ Als Performerin verband sie ihre beiden Leidenschaften, 2022 war sie dann Stipendiatin beim Klagenfurter Literaturkurs und debütierte mit dem Gedichtband „Schlupflöcher“, im Jahr darauf folgte der Roman „Raupenfell“. Nun wird sie beim Bachmann-Preis eine Kurzgeschichte über eine Mutter-Tochter-Beziehung lesen, „im Prinzip eine Liebesgeschichte“, sagt Stajner. Den Vortrag ihres Textes übt sie regelmäßig, „aber ich kann natürlich nicht einschätzen, wie die Jury diskutieren wird. Das ist eine der unberechenbarsten Situationen, in die ich mich je begeben habe. Aber ich freue mich darauf.“