Bleich im Gesicht, weiß die Haare, ganz in Schwarz gewandet, umgeben von seinen Schergen mit langen, schwarzen Mänteln und Zylindern und in dichten Nebel gehüllt: Wie in einem Horrorfilm lässt Pier Francesco Maestrini den römischen Polizeichef Scarpia furchterregend, musikalisch umrahmt von dem wuchtigen „Scarpia-Motiv“ erstmalig in Puccinis „Tosca“ am Opernhaus Maribor/Marburg erscheinen. Passend dazu zieht beim darauffolgenden „Te Deum“ der bleiche, glatzköpfige Chor mit eckigen Bewegungen wie eine Gruppe Untoter vorbei. Auch Scarpias, jetzt in knalligem Rot, luxuriös überladene, aber düstere Räumlichkeiten im zweiten Akt ähneln eher einem Gruselkabinett als einem Prunkraum im Palazzo Farnese (Szene: Matic Kašnik). Wobei die Kulissen immer mit Projektionen der jeweiligen Örtlichkeiten eindrucksvoll illustriert werden. Gespielt wird in historisierten Kostümen. Die Personenführung selbst ist konventionell und immer hart am Libretto und an der Musik.
„Vittoria, vittoria!“: Strahlend, mühelos, kraftvoll schmettert er die extremen Spitzentöne und die Freude über den Sieg Napoleons bei der Schlacht von Marengo hinaus, bevor er von den Schergen des wütenden römischen Polizeichefs in die Todeszelle geschleppt wird. Dieser Cavaradossi von Mikheil Sheshaberidze verfügt über viel Schmelz, reiche Emotionen und mühelose Höhen.
Aber auch sonst wird musikalisch (ebenso wie bei den kleineren Rollen und beim Chor) mit respektabler Qualität aufgewartet: Luka Brajnik ist ein kraftvoller Scarpia mit ausgezeichneter Artikulation, der allerdings sehr eindimensional in Farbe und im Einheitsforte singt. Rebeka Lokar singt eine Titelheldin mit mächtigen Tönen jedoch reifem Timbre und reichem Vibrato.
Wiewohl manches noch ausgereizter und geschärfter erklingen könnte, versteht es Gianluca Martinenghi im Orchester der Marburger Oper durchaus spannende Momente aber auch duftige Klangschönheit und durchhörbare Zartheit zu erzeugen.
Viel Applaus!
Helmut Christian