Zuletzt hatte Nadja Kayali ordentlich Pech: Sie stürzte über eine Stiege, brach sich einen Finger und verletzte sich am Knöchel samt Bändereinriss und Prellungen. Sechs Wochen lang musste sie liegen, von der letzten Ausgabe als Intendantin des Festivals „Imago Dei“ in Krems hat sie nur Teile mitbekommen. Das schmerzt, mehr vielleicht noch als die Verletzungen. Aber mittlerweile ist sie schon wieder unterwegs und hochaktiv, heute will sie die Krücken ganz weglassen, wenn sie in Villach dem Publikum die erste Ausgabe des Carinthischen Sommers präsentiert. Und das Programm kann sich sehen lassen, ist es doch so dicht und intensiv wie kaum je zuvor: Zwischen 6. Juli und 4. August stehen 46 Veranstaltungen auf dem Programm (zum Vergleich: zuletzt gab es bei ihrem Vorgänger Holger Bleck 21 Konzerte).
Schon der Auftakt kann sich hören und sehen lassen: Beim Eröffnungskonzert in Anwesenheit des Bundespräsidenten spielt das Radio-Sinfonieorchester (RSO) unter der Leitung der portugiesischen Dirigentin Joana Carneiro Werke von Komponistinnen der Romantik sowie eine Uraufführung von Hannah Eisendle – die junge Pianistin und Komponistin ist derzeit Korrepetitorin des Stadttheaters Klagenfurt; Ö 1 wird das Konzert live aus Ossiach übertragen.
Am nächsten Tag folgt dann ein Ö-1-Musikpicknick, ebenfalls mit rund vier Stunden Live-Übertragung aus dem Stift Ossiach und einem dichten Programm für die ganze Familie: Von Kammermusik mit dem RSO bis zur Sängerin Oska, von der jungen Wiener Philharmonikerin Lara Kusztrich bis zur Aufführung der Kinderoper „Gold!“ oder einem Gastspiel des Ensembles Porcia mit dem Theaterwagen gibt es ein buntes Programm, das durch diverse Workshops (Breakdance, Schlagwerk) abgerundet wird. Die Festmesse zur Eröffnung mit der „Company of Music“ unter Johannes Hiemetsberger wird übrigens von ORF III übertragen – ebenso wie das diesjährige Abschlusskonzert, bei dem das RSO unter dem Motto „A Soundtrack to the Stars“ Musik von George Gershwin (u. a. „Rhapsody in Blue“) und Filmmusik-Klassiker von John Williams („Indiana Jones“, „E.T.“) spielen wird.
Der Vorverkauf für die RSO-Konzerte läuft „sehr gut“, freut sich Kayali, der Eintritt beim Kulturpicknick wird frei sein. Ebenso wie übrigens bei den Morgenkonzerten, die jeweils montags und dienstags während der Festivalzeit um acht Uhr dazu einladen, gemeinsam in den Tag zu starten. Dafür hat der Carinthische Sommer acht Schreibaufträge zum Thema „Freiheit“ vergeben, unter anderem an Anna Baar, Maja Haderlap, Julia Jost, Kathrin Röggla und Martin Piekar. Der musikalische Part wird unter anderem von der Sopranistin Maria Ladurner, dem Trompeter Leonhard Leeb oder der Flötistin Sieglinde Größinger übernommen. „Dabei geht es uns auch darum, mit unserem Publikum danach bei Kaffee und Kipferl ins Gespräch zu kommen“, sagt Nadja Kayali.
Überhaupt wird das Festival durch Literatur und Gespräche erweitert. Die Autoren Robert Menasse und Philipp Blom werden im Domenig-Steinhaus über Europa und die politische Union als Utopie diskutieren, Birgit Minichmayr wird Texte von Christine Lavant lesen, Michael Mertens und Petra Morzé widmen sich Fernando Pessoa, dem „wichtigsten Autor der portugiesischen Moderne“, so Kayali, die einen kleinen, feinen Portugal-Schwerpunkt in das Programm eingebaut hat. So wird die Fado-Sängerin Cuca Roseta den sehnsuchtsvollen Klang Lissabons nach Villach mitbringen.
Aber natürlich steht die Musik im Zentrum – und das mit gleich mehreren Uraufführungen. Bernhard Lang, dessen Oper „Hiob“ im Vorjahr vom Stadttheater Klagenfurt uraufgeführt wurde, legt ein neues Werk aus seinem Games-Werkkomplex vor. Und Beat Furrers „Angelus descendens“ trifft in einer Neufassung im Klagenfurter Dom auf die Lichtkunst von Victoria Coeln, die im Vorjahr unter anderem das Wiener Parlament erstrahlen ließ. Mit Neuer Musik geht es aber auch in die Berge – Nina Polaschegg und der Posaunist Bertl Mütter erwandern die Gerlitzen und Bruno Strobl erforscht mit seinem Ensemble NeuRaum direkt vor Ort den „Geist vom Kanzianiberg“. Und auf der Faaker-See-Insel wird ein Hörerlebnis-Parcours zur Entdeckungsreise für die ganze Familie.
Abgerundet wird das Programm mit viel Kammermusik (unter anderem mit dem Messages Quartet, dem Esmé Quartet oder dem Kammerorchester Basel) sowie Filmmusik. Unter anderem bringt der Cellist Eckart Runge, diesjähriger Artist in Residence, Stummfilmmusik von Ennio Morricone, Schostakowitsch & Co sowie zwei Pantomimen für das Programm „Cello Cinema“ mit.
Wer noch mehr wissen will: Alle Termine sind bereits auf der Homepage. Und heute Abend gibt es nicht nur die ausführliche Programmpräsentation, sondern anschließend kann man beim Verkosten des neuen Festivalsekts auch mit dem Team ins Gespräch kommen.