Peter Handke ist natürlich eingeladen zur Premiere. Auf die Frage, ob er kommen wird, lacht Michael Weger und zitiert einen Satz aus dem Stück, das er als Monolog auf die Bühne bringen wird: „Ach, und was für ein Tanz wäre es dann!“ Seit der Zustimmung des Literaturnobelpreisträgers zu Regiekonzept und Strichfassung des Villacher Theatermachers sind knapp zwei Monate vergangen, die Liebe Wegers zu Handkes Text „Mein Tag im anderen Land“ wurde aber schon beim ersten Lesen 2021 geweckt: „Es ist eine große Parabel auf die Menschwerdung, die viele kleine Erzählungen in sich birgt.“ Und es ist das erste Buch Peter Handkes nach Verleihung des Nobelpreises, für Weger „eines seiner persönlichsten Werke. Er erzählt über uns alle, aber eben auch viel von sich selbst. Und es hat ja vor allem etwas von einer Wiedergeburt oder einem zweiten Geborenwerden in einem andren Leben.“
Worum geht´s? Ein Obstgärtner gilt im Ort als leicht verrückt, wirkt besessen. Er redet in einer unbekannten Sprache, schmäht und beschimpft die Dorfbewohner, verschreckt sie mit Orakelsprüchen. Am Ufer eines Sees blickt er zu einem anderen Land gegenüber, wo er einen Fischer sieht. Der erlöst ihn schließlich von seinen Dämonen, der anfangs wütende Obstgärtner findet zur Gesellschaft zurück.
Diese Geschichte einer Gesundung habe viel mit ihm selbst zu tun, erklärt Michael Weger seine Begeisterung für den Text. „Die Verirrungen, das Besessen- und Cholerisch-Sein, schließlich die Rückkehr zu den Gefühlen der Jugend ... Handke leuchtet seine Figur bis in den hintersten Seelenwinkel aus.“ Auch leise Selbstironie des Autors kann der Handke-Fan aus dem Text herauslesen: „In manchen Passagen macht er sich literarisch über sich selbst lustig. Da träumt jemand über irgendwelche Jenseitswelten, leicht, lustig und bitterböse.“
Handkes autobiografische Psychogramm in teils surrealen Metaphern platziert Weger, der in Personalunion auch für Regie und Bühne zuständig ist, vor einer kahlen Bretterwand. Als Requisiten genügen der rund eineinhalbstündigen Inszenierung ein Tisch und ein Stuhl. Weil der Text „viel mit Nähe zu tun“ habe, wird der Schauspieler auch zwischen den Zuseherreihen unterwegs sein. Ob dort einmal der Geschichtenerzähler Peter Handke sitzen wird, ist ja offen. Seine Anwesenheit im Villacher Kellertheater macht jedenfalls neugierig.
Karin Waldner-Petutschnig