Eine Gesellschaft, die die Nazi-Zeit nicht verarbeitet hat und in der der Krieg gewissermaßen hinter den Kulissen einer dörflichen Welt weitergeht: Martin Speer (1944 bis 2002) war gerade einmal 21 Jahre alt, als er sein Stück „Jagdszenen aus Niederbayern“ schrieb. Gejagt werden in dem düsteren, sozialkritischen Volksstück, mit dem der deutsche Autor schlagartig bekannt wurde, aber nicht Tiere, sondern Außenseiter: Abram, der wegen seiner Homosexualität eine Haftstrafe verbüßt hat, ist in sein Dorf zurückgekehrt. Dort ist aber nicht nur er die Zielscheibe der dörflichen Triebjagd, sondern auch Maria, die in einer nicht legitimierten Beziehung mit ihrem Knecht lebt oder ihr Sohn Rovo, der als Dorftrottel gilt.
Drei Jahre nach der Uraufführung des Stückes 1966 in Bremen folgte die Verfilmung durch Peter Fleischmann, die bei den Internationalen Festspielen Cannes erstmals gezeigt wurde und später als deutscher Vorschlag ins Rennen um den „Auslands-Oscar“ geschickt wurde. Martin Speer war in der Verfilmung selbst als Abram zu sehen, in Klagenfurt übernimmt die Rolle Johnny Mhanna. Der gebürtige Syrer lebt seit 2015 in Österreich und spielte in zahlreichen Inszenierungen in Wien und Graz. An seiner Seite sind unter anderem die Kärntnerinnen Petra Morzé, Katarina Hartmann oder Katharina Schmölzer zu sehen.
Regie führt Martina Gredler, die am Stadttheater bereits „Figaro lässt sich scheiden“ inszeniert hat und für die das Stück eine „Verdrängungsgesellschaft“ auf die Bühne bringt, die viel mit dem Heute zu tun hat: „Der Ton wird auch heute immer rauer und die Menschen verletzen sich gegenseitig“, sagte sie bei der Matinee. Und auch Intendant Aron Stiehl betonte die Aktualität des Stückes: „Es ist bestürzend, dass jetzt wieder darüber gesprochen wird, was normal ist und was nicht normal ist.“