Schon während der Ouvertüre hebt sich etwas der Vorgang und lässt einen Blick auf schwungvoll tanzende Frauen- und Männerbeine zu. Und dann, wenn er sich komplett öffnet, geht es gleich rund. Denn in der Inszenierung seiner bereits in Bonn gezeigten „Fledermaus“ von Johann Strauß gibt Aron Stiehl am Stadttheater von Anfang an ordentlich Gas. Da sprudeln die Ideen und Gags schier unerschöpflich und der Intendant setzt, so wie er es stilistisch eigentlich immer macht, auf spritzigen Schwung und große Liebe zu Details. Dazu kommen ein perfektes Gespür für das Timing, Auftritte quer übers Publikum hinweg, das sich beim erstmaligen Erscheinen von Prinz Orlofsky von seinen Sitzen erheben muss, sowie etliche einfallsreiche Tanzeinlagen (Bärbel Stenzenberger).
All dies spielt sich in einem Puppenhaus mit kleinen Zimmerchen ab, voll Champagnerflaschen und Gläsern, zuerst Eisensteins Villa darstellend (Ausstattung: Okarina Peter und Timo Dentler). Hier versteckt Rosalinde ihren unerwartet auftauchenden Liebhaber Alfred vor ihrem Ehemann im Champagnerkühlschrank. Im zweiten Akt verwandelt sich das nun weit aufgefächerte Bühnenbild in eine verwunschene Lasterhöhle von Orlofsky mit Grünzeug auf der Decke und einem schwebenden, vermoderten Klavierflügel samt Pianisten. Hier versteckt sich die sonst spießige großbürgerliche Gesellschaft hinter Masken und lässt die Sau raus.
Schrill sind die Kostüme, mit Männern teils in Frauenkostümen und umgekehrt. Auch Orlofsky ist in seiner Robe halb Frau und Mann. Dieser will Aron Stiehl aus der Loge entfernen, worauf dieser in Anspielung auf das derzeitige Subventionsverhalten der Stadt mit „Das geht nicht, ich bin der Intendant. Das hat sicher der Bürgermeister veranlasst“ reagiert. Im letzten Akt verwandeln sich die Puppenzellen in Gefängniszellen.
Spielfreudiges Ensemble
Ungemein spielfreudig agiert und singt das Ensemble. So ist Johannes Mertes ein selbstverliebter, herrlich durchtriebener Eisenstein mit kraftvollem, höhensicherem Tenor und Cornelia Horak eine vitale Rosalinde mit leuchtendem Sopran. Marie Heeschen verfügt als Adele über einen federleichten Sopran und versprüht ebenso viel Spielwitz. Daniel Ohlenschläger als Gefängnisdirektor Frank beeindruckt mit profundem Bass. David Jagodic singt und stottert sich gekonnt als Advokat Dr. Blind durch den Abend. Giorgos Kanaris gefällt als schönstimmiger Dr. Falke als Strippenzieher im Fledermauskostüm. Roman Payer im kecken Leopardenunterhöschen singt den Alfred mit Schmelz und mit etwas zu viel Tremolo. Melissa Zgouridi als Prinz Orlofsky hört man mit dunklem Mezzo, Júlia Bányai als leichtstimmige Ida. Tadellos singt der auch schauspielerisch stark geforderte Chor (Günter Wallner).
Christoph Wagner-Trenkwitz als Frosch grantelt als „echter Alkoholiker“ über die Gelegenheitstrinker und ätzt gekonnt über Politik, die Wiener und die Villacher. Spritzig, funkelnd, exakt, mit Leichtigkeit und zugespitzten Tempi erlebt man das Kärntner Sinfonieorchester unter dem stets animierenden Nicholas Milton, der zusätzlich auch noch mit dem „Radetzkymarsch“ aufwartet. Stehende Ovationen, speziell für Aron Stiehl, als dieser die Bühne betritt. Helmut Christian
Helmut Christian