David Gilmour - "One Of These Days"
Im Oktober 1971 trat er mit den unsterblichen Pink Floyd bei Tageslicht im leeren Amphitheater von Pompeii auf - 45 Jahre später durften einige Hundert Auserwählte dort die Rückkehr von David Gilmour erleben. Eine Nummer, die er damals wie 2016 spielte, ist "One Of These Days (I'm Going To Cut You Into Little Pieces") - der musikalische Gruß aus einem nicht allzu sonnig gestimmten Unterbewusstsein. Der Bass wummert, die Lap Steel-Gitarre schneidet ins Fleisch, der 71-Jährige Meister zeigt, wie es geht. Nachzuhören und nachzuschauen im schönen Paket "Live At Pompeii".
The War On Drugs - "Nothing To Find"
Nichts zu finden? Von wegen. The War On Drugs, Band rund um Multi-Instrumentalist Adam Granduciel lieferte mit "A Deeper Understanding" 2017 wieder ein mehr als feines Album ab. "Nothing To Find" ist eine Fahrt auf sonnengefluteten Küstenstraßen, mit wohltemperiertem Wind in den Haaren und einem Lächeln im Gesicht. Gitarren und Keyboards schlängeln sich um den Text, der Beat treibt stetig nach vorne so lange der Tank reicht. Das Rock und das Roll - sie können manchmal so einfach sein.
The National - "The System Only Dreams In Total Darkness"
2017 gab es nicht die geringste Chance, an ihnen vorbeizukommen: The National legten mit "Sleep Well Beast" ein neues, reichhaltiges, komplexes und modernes Werk vor. Man könnte den in sich grandiosen Weltenschmerz-Vorgänger "Trouble Will Find Me" zwar noch enger ins Herz geschlossen haben, doch Perlen bietet auch das neue Werk mehr als genug. "The System Only Dreams In Total Darkness" ist z.B. ein Hochkaräter, ein gerissenes Gitarrenmotiv durchzieht das Lied, mündet in einem für The National sehr untypischen Solo, und über allem grundelt die Stimme von Matt Berninger. Danke fürs Zurückkommen, Burschen - 2018 dann hoffentlich auch live in Österreich.
Slowdive - "Sugar For The Pill"
Nach stolzen 22 Jahren kehrten Slowdive 2017 mit einem selbstbetitelten Album zurück ins Rampenlicht. Musikalisch blieben die Briten sich treu. Das Etikett "Dream Pop" passt noch immer gut für die dauermelancholischen "Shoegazer", die bevorzugt in Melancholievollbädern schwelgen. Ihre feinen Melodien packt die Formation noch immer in eine wattige Wand aus Gitarren uns Synthesizern, die Stimme rückt dafür in den Hintergrund. "Sugar For The Pill" klingt wie ein Musik gewordenes Homöopathikum.
Selig - "Nimm mich so wie Du bist"
Die zum Quartett geschrumpften Selig orientieren sich an ihren etwas ungestümeren frühen Jahren und fanden mit "Kaschmir Karma" zudem einen sehr schönen Titel für ihr neues Album. Die unverkennbare Stimme von Jan Plewka gibt der Band das Unverwechselbare - und auch die Songs der Hamburger halten über weite Strecken mit: "Nimm mich so wie Du bist" ist ein recht leichtfüßiger Titel, der schnell ins Ohr geht.
Depeche Mode - "Heroes"
Am 10. Jänner 2016 ging der große David Bowie von uns, wurde zum "Starman", den er Jahrzehnte vorher besungen hatte. Einem Künstler wie ihm in einer Cover-Version gerecht zu werden, kann böse enden. Muss es aber nicht, wie diese Variante des Allzeit-Klassikers "Heroes" von Depeche Mode zeigt: Dave Gahan bringt mittlerweile die Stimme und die Lebensjahre mit, um dieser Interpretation das nötige Gewicht zu verleihen. Souverän gemeistert - und Mr. Bowie selbst bleibt natürlich weiter unvergessen.
Delvon Lamarr Organ Trio - "Move On Up"
Was für eine Kombo! Einerseits klingt das Delvon Lamarr Organ Trio wie aus der Zeit gefallen - und könnte auch schon in den frühen 1960er-Jahren aufgespielt haben. Andererseits klingen die drei Herren aus Seattle frischer als all die Hartplastik-Musik, die heute beispielsweise vom österreichischen Staatsfunk gespielt wird. Präzises Schlagwerk, Funk-Gitarre und darüber die göttliche Hammond-B3 des Bandleaders, der außerdem noch die Bassläufe spielt. Das Debüt-Album ist für Februar angekündigt - bis dahin kann man sich auf YouTube schon die eine oder andere Vorspeise anhören und anschauen. Wie "Move On Up", einer Nummer, die Lust auf einen Longplayer macht.
Anna Ternheim - "Holding On"
In ihrer Heimat Schweden ist Anna Ternheim eine ganz große Nummer, bei uns noch immer eher etwas für Kenner und Freunde von besinnlichem Liegut. "Holding On" ist ein wichtiger Track auf ihrem neuen Album "All The Way To Rio", besonders in dieser intimen Version. Mehr denn je umhüllt Düsternis diese Frau aus dem Norden, die Hoffnung verliert sie dabei aber nicht aus den Augen. Filigran und erstklassig.
Moon Duo - "Lost In Light"
Gitarrist Ripley Johnson und Keyboarderin Sanae Yamada gründeten 2009 in San Francisco das Moon Duo - 2017 legten sie ihr neues Werk "Occult Architecture Vol. 2" vor. Minimalistisch ist ihr Sound, doch ein wenig an Mondlandschaften rund um das Mare Serenitatis erinnernd - und dabei doch betörend. Dahinmäandernde Gitarrenläufe paaren sich mit analogen Synthesizern und der Stimme Johnsons. Vor allem live und um einem Schlagzeuger ergänzt entfaltet diese Musik ihre volle Wirkung. "Lost In Light" kann zudem mit einem psychedelischen, wunderschönen Musikvideo aufwarten.
Blondie - "Long Time"
Blondie gelten vielen als verschollenes Relikt aus den 1970er-Jahren, doch 2017 zeigte die Gruppe um Debbie Harry (72), Clem Burke (63) und Chris Stein (67), vielen Jungen wo der Bartl seinen Most herholt. "Long Time" ist eine nahezu perfekte Pop-Nummer, in Glanzlack und mit knallrotem Schleiferl rum. Die immerschöne Chanteuse, die vielen von schon vor 40 Jahren den Kopf verdrehte, hat nichts verlernt. "Pollinator" ist ein Musterbeispiel für bewusst leichtfüßige, dabei aber niemals seichte Unterhaltung.
Iron & Wine - "Call It Dreaming"
"Beast Epic" nannte Sam Beam sein neues Album - der recht reißerische Titel täuscht dann aber doch: Sanft gesungene, beinahe schon gehauchte Songs, eben ganz nach Iron & Wine-Manier. "Call It Dreaming" sollte man sich unbedingt zusammen mit dem Musikvideo dazu ansehen. Folk, wie er nie alt werden wird - als gültige Antithese zur verkrachten und achtlos gewordenen, überspannten Welt. Hören Sie nur gut zu.
Neil Finn - "More Than One Of You"
Am Ende steht ein hauchzartes Lied von Neil Finn: Der neuseeländische Großmeister feiner Melodien kehrte mit dem beinahe schon kammermusikartigen "Out Of Silence" zurück, "More Than One Of You" ist eines der vielen klaviergetragenen Stücke darauf. Wer wissen will, wie wahre Meister ihrer Zunft wirken und dabei die Kunst und nicht Marketingstrategien in den Mittelpunkt rücken, wird hier jedenfalls fündig.