Niemand anderes als der Komponist Richard Wagner höchstselbst führt an diesem Abend Regie. Der von Stephan Offenbacher dargestellte Schöpfer des "Fliegenden Holländer" sitzt auf der Bühnenbildmauer und zieht die unsichtbaren Fäden: Die Seeleute von Kapitän Daland wälzen sich nach den Vorstellungen des Meisters synchron über den Boden und auch die Hauptfiguren hat Wagner unter Kontrolle. Der Holländer ist ohnehin seine Identifikationsfigur, eine Verkörperung des Unverstandenseins und Außenseitertums des Komponisten. Dass nach dem zweiten Akt der Vorhang fällt, gefällt dem Bühnen-Wagner offenbar nicht (man kann das als Besucher nachvollziehen, die späte Pause zerreißt den Abend), und allmählich entgleitet ihm die Kontrolle. Senta widersetzt sich dem Opfertod, der dem Holländer Erlösung beschert hätte, wobei die Figuren sich am Ende generell gegen ihren Schöpfer zu wenden scheinen. Der hüllt sich aber verzückt in den Brautschleier Sentas.
Tatsächlich gehört es seit geraumer Zeit zu einem der beliebtesten Tricks von Opernregisseurinnen und Opernregisseuren, den Komponisten als Figur auf die Bühne zu bringen. Das ist praktisch, weil die "Komponisten" dabei oft zu einer Art Gehilfen werden, an denen sich die Themen, Probleme und Subtexte der von ihnen anno dazumal gewählten Stoffe und ihr Umgang damit illustrieren lassen. Das hat auch in diesem Fall, in der Inszenierung von Sandra Leupold, einige sinnfällige Aspekte. Die Allmachtsfantasien Wagners, der im "Holländer" die ersten großen Schritte in Richtung "Musikdrama" und "Zukunftsmusik" macht, werden da thematisiert und natürlich seine seltsame Auffassung vom Verhältnis zwischen Frau und Mann.
Es geht viel um die Mechanismen und Illusionen des Theaters (das Bühnenbild ist eine verkleinerte Version des nackten Bühnenraums der Grazer Oper), um historische Zitate (samt Bildern einer Aufführung von 1864) und theatralisches Gehabe, aber der Spannungsbogen will sich nicht wölben, die Inszenierung bleibt Stückwerk. Es ist das Paradox des Abends, das wohl für die etwas ratlosen Gesichter am Ende verantwortlich ist: Die kopflastige Inszenierung scheint trotz aller Ideen dennoch kaum vorhanden.