Auch für Versierte gibt es oft überraschende Entdeckungen. So für Mei-Ann Chen. Bei einer Pressekonferenz im styriarte-Büro erzählte die in Chicago tätige Taiwanesin, wie sie über einen Wiener Komponisten stolperte. Zunächst hatte sie in Portland zufällig die Enkeltochter dieses Musikers getroffen, der als „Wunderkind“ galt, ab 1934 in Hollywood Filmmusik schrieb und 1938 wegen seiner jüdischen Herkunft entschied, samt Familie endgültig in den Staaten zu bleiben. Und bald darauf hörte sie aus dem Autoradio so großartige Klänge, dass sie völlig fasziniert den Wagen anhielt, um sich und andere nicht zu gefährden und im Abspann zu hören, wer solche Musik zu schreiben verstand. Es war Erich Wolfgang Korngold.
Dessen Intermezzo aus „Much Ado About Nothing“ steht auch auf dem Programm, das die Chefdirigentin von recreation Ende April in der List-Halle präsentiert. Aber nicht mit ihrem „normalen“ Orchester, sondern mit einem „Sprössling“ davon. Denn gerade formiert sich das recreation Youth Orchestra. 40 Mitglieder von 15 bis 27 Jahren scharren schon in den Startlöchern, einige werden noch gebraucht.
Also bitte melden, wenn man Lust auf Symphonie hat – also auf Harmonie und Zusammenklingen, wie das griechische Wort sagt. Und auf Film natürlich. Denn das Jugendorchester wurde speziell für das Projekt „Soundflix“ gegründet, eine Reihe von künftig jährlichen Konzerten, „die vom Streamingdienst Netflix inspiriert ist und Filmmusik in den Vordergrund stellt“, wie Dramaturgin Enya Reinprecht erklärt. Bei der ersten Ausgabe darf man sich unter anderem beim Soundtrack zu „Der weiße Hai“ gruseln, den Trauermarsch aus Beethovens „Siebenter“ hören, der in „The King’s Speech“ genauso zum Einsatz kam wie in „X-Men“, oder mit Howard Shores „Symphonic Suite“ zu „Der Herr der Ringe“ nach Mittelerde reisen.
Apropos Ring: Schon ab Sonntag (3. April) dreht sich wieder alles um einen solchen, allerdings um den von Richard Wagner. Mei-Ann Chen bringt mit dem recreation-Orchester den „Ring ohne Worte“, eine 70-minütige Essenz der Tetralogie. Dazu liest Schauspielstar Ursula Strauss eine neu verfasste „Reader’s Digest“-Textversion.
Michael Tschida