Der deutsche Theater- und Opernregisseur Hans Neuenfels ist tot. Er starb Sonntagabend mit 80 Jahren in Berlin, teilte seine Familie am Montag über einen Anwalt mit. Der in Krefeld geborene Regisseur hatte seine Schauspiel- und Regieausbildung in Wien begonnen und dort seit Mitte der 60er-Jahre inszeniert. Er arbeitete u.a. am Theater Heidelberg, dem Stuttgarter Staatstheater und dem Schauspiel Frankfurt. Ende der 1980er-Jahre war er Intendant der Freien Volksbühne in Berlin.
Bekannt wurde Neuenfels auch als Opernregisseur mit Inszenierungen etwa von Verdi- und Mozart-Opern in Frankfurt, Berlin, Bayreuth und Wien. Legendär wurde seine Frankfurter "Aida"-Inszenierung, in der er die Titelheldin zu einer Putzfrau machte. Die Skandalisierung war nicht die letzte: So verabschiedete sich der streitbare Salzburger Festspielleiter Gerard Mortier 2001 mit einer Neuenfels-Inszenierung der "Fledermaus" von seiner Intendanz: Eine Aufführung, die vor Gericht landete, weil sich Besucher beschwert hatten, es wäre gar keine "Fledermaus"-Aufführung gewesen. 2006 musste seine Inszenierung von Mozarts "Idomeneo" nach Drohungen aus islamistischen Kreisen abgesetzt werden. In der Wiener Staatsoper ist derzeit seine Inszeneirung von Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" zu sehen.
Neuenfels wurde natürlich nicht nur angefeindet, sondern auch heftig geliebt. Seine "Lohengrin"-Produktion bei den Bayreuther Festspielen wurde zum Kult, 2005 und 2008 wurde er von der Fachzeitschrift "Opernwelt" als Opernregisseur des Jahres ausgezeichnet, 2016 erhielt er den Deutschen Theaterpreis "Faust" für sein Lebenswerk. Neben seiner Theaterarbeit drehte er Filme über Dichter wie Heirich von Kleist und Robert Musil.
Neuenfels war mit der Wiener Schauspielerin Elisabeth Trissenaar verheiratet. Das Paar lebte in Berlin und hat einen Sohn, den Kameramann Benedict Neuenfels, der mehrfach mit dem Deutschen Kamerapreis und 2019 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde.
Der Wiener Staatsoperndirektor Bogdan Roščič zum Ableben von Neuenfels: "Er lebte und liebte das Theater und so war seine Heimat nie in einer bestimmten Stadt oder einem bestimmten Land zu verorten, sondern auf jeder Bühne, auf der er schöpferisch tätig werden konnte. Dass Neuenfels in der Theaterstadt Wien regelmäßig wiederkehrte, liegt daher in der Natur der Sache. Es macht mich glücklich, dass wir ihn in der vergangenen Saison verpflichten konnten, noch einmal an die Wiener Staatsoper zurückzukehren und seine maßstabsetzende Interpretation von ,Entführung aus dem Serail` neu zu erarbeiten. So wird er an unserem Haus nicht nur in unserer Erinnerung weiterleben, sondern in jeder Vorstellung dieser exemplarischen Produktion."