Es gibt die professionellen Chöre an der Staatsoper, der Volksoper, der Grazer Oper, an den Landestheatern oder für Spezialprojekte, zum Beispiel den Philharmonischen Chor Wien. Es gibt semiprofessionelle Chöre wie den Arnold Schoenberg Chor Wien, die Wiener Hofmusikkapelle oder den Salzburger Bachchor. Aber seit der Auflösung des ORF-Chor Wien 1995 gibt es in ganz Österreich keinen professionellen Konzertchor mehr.
Selige Zeiten, als auch in der Steiermark noch Profis im Ensemble sangen. Karl-Ernst Hoffmann hatte 1968 den Pro Arte Chor gegründet und fortan – anfangs noch mit Studierenden, die Marjana Lipovšek oder Martin Klietmann hießen – die heimische Konzertszene mitgeprägt, etwa das ORF-musikprotokoll im steirischen herbst. Hoffmann, 2014 verstorben, war ja von 1963 bis 1996 Professor für Chorerziehung an der Musikhochschule und zudem langjähriger Leiter der Musikabteilung im ORF-Landesstudio.
Für die Uraufführung von Beat Furrers Oper „Narcissus“ 1994 an der Oper Graz zum Beispiel formierte sich Cantus Graz, aber es blieb bei solchen vereinzelten Versuchen, auch in der Chorsparte den im Orchesterbereich meist üblichen Professionalismus zu etablieren. Da musste schon eine Ostschweizerin ins Land kommen, die wiederum mit Furrer nicht wenig zu tun hat: Cordula Bürgi, die Ehefrau des Komponisten, gründete 2016 Cantando Admont – deswegen dort, weil das Paar in der Nähe von Gstatterboden ein Refugium hat.
Zunächst im Gesäuse, aber inzwischen in Graz schart Bürgi, die Violine, Klavier, Gesang und Dirigieren studiert hatte und zur passionierten Chorexpertin wuchs, die Crème de la Crème an Sängerinnen und Sängern (nicht nur) heimischer Provenienz um sich. Dass Vokalmusik auf höchstem Niveau nicht bloß solistisch gefragt ist, beweist schon allein die Tatsache, dass das im Kern 16-köpfige Vokalensemble die einzige steirische Formation ist, die – wie schon 2019 und 2020 – auch heuer wieder bei den Salzburger Festspielen engagiert ist, und das gleich zwei Mal.
Am 22. Juli konzertiert man in der Reihe „Ouverture spirituelle“ neben Jordi Savall in der Kollegienkirche. Der Katalane hat unter anderem Claudio Monteverdis „Combattimento di Tancredi e Clorinda“ im Gepäck, dazwischen führt Cantando Admont mit dem Klangforum Wien unter Pablo Heras-Casado „Canti di prigionia“ auf: Luigi Dallapiccola, der als Mann einer Jüdin im Weltkrieg selbst zum Deportierten und Häftling wurde, bündelte 1938 bis 1941 das Erleben der letzten Stunden im Angesicht des Todes von Maria Stuart, Anicius Boethius und Girolamo Savonarola zu diesen kantatenartigen „Gesängen aus der Gefangenschaft“.
Ebenfalls in der Kollegienkirche und mit dem Klangforum Wien, diesfalls aber unter der Leitung von Emilio Pomàrico, bringen Cordula Bürgi und die Ihren am 8. August Werke von Morton Feldman. Vokale Finessen sind auch da garantiert.
Michael Tschida