Sie leben schon ziemlich lange in Wien, sind hier verheiratet und haben einen zweijährigen Sohn.
HILA FAHIMA: Ich bin seit acht Jahren hier. Damals durfte ich beim Staatsopern-Direktor Dominique Meyer vorsingen, nach sechs Monaten wurde ich fürs Ensemble verpflichtet. Ein großer Schritt. Vorher, da konnte ich kaum noch Deutsch, war ich drei Jahre in Berlin engagiert.
Ein großer Schritt wohl auch für jemandem, der aus dem kleinen Karmi’el in Israel kommt?
Ich habe dort in einem Chor Folklore und klassische Lieder gesungen. Doch dass ich einmal auf großen Bühnen dieser Welt stehen würde, konnte ich mir zu dieser Zeit nicht vorstellen. Klar war nur eines: Ich liebte Musik. Unendlich. Gott sei Dank waren meine Eltern überzeugt, dass ich wohl auch Talent hatte. Ich durfte in Jerusalem studieren und war auch in meiner Armeezeit Sängerin. Nach Absolvierung meines Militärdienstes musste ich ein Ziel suchen. Mit 21 begann ich an der israelischen Oper in Tel Aviv, wo es ein Programm für junge Sänger gab. Ich kleineren Produktionen durfte ich als Susanne und Adele mitwirken, dabei lernte ich auch eine Frau von der Deutschen Oper Berlin kennen, die mich überredete, zum Vorsingen in ihre Stadt zu kommen.
Und das hat geklappt?
Ich reiste zum Vorsingen an, habe ein Stipendium bekommen und natürlich Ja gesagt. Der erste Schritt in der Deutschen Oper war die Königin der Nacht, erstmals sang ich dort Deutsch und hatte deutsche Dialoge. Ebenso als Papagena in der „Zauberflöte“. Natürlich war ich sehr nervös, weil ich ja, wie schon gesagt, keine Deutsch-Kenntnisse hatte.
Drei Jahre blieben Sie dort. Warum war dann Schluss?
Ich fühlte mich in Berlin einfach nicht zu Hause, und obwohl ich viele Freunde hatte, kam ich mir oft einsam vor. Ich muss, sagte ich mir, eine andere Stadt finden, probierte es in vier, fünf Städten und war auch auf Kurzbesuch in Wien. Hier hat es mir getaugt, und heute weiß ich: Eine solche Lebensqualität wie hier hatte ich noch nie erlebt, vor allem ist die Stadt auch so reich an Kultur. Ein echter Traum. Ich wüsste nicht, wo sonst ich mich so wohlfühlen könnte wie hier.
Ihr Mann, aus München und im High-Tech-Bereich tätig, ist mit Ihnen hierher gezogen. Wie haben Sie ihn kennengelernt?
Auf sehr heutige Weise: über das App-Schreiben. Und es war eine richtig gute Wahl. Er unterstützt mich in allen Belangen.
Von 2013 bis 2020 waren Sie Ensemblemitglied an der Staatsoper. Das sind Sie heute nicht mehr. Warum?
Weil ich auch gern reise und natürlich alle möglichen Sachen singen möchte, die ich mir wünsche. Als nächstes ist nun Donizettis Lucia dran, auf die ich mich schon ganz besonders freue.
Was bedeutet Ihnen die Gilda in Bregenz?
Sie war schon vor drei Jahren, vor meiner Schwangerschaft, geplant. Da musste ich absagen. Danach kam Corona. Doch nun klappt es endlich. Aber die Liebe zu dieser Partie begann schon mit 15, als ich in Tel Aviv erstmals einen „Rigoletto“ sah. Ich war in die Gilda richtiggehend verliebt, und die Arie „Caro nome“ habe ich immer wieder gesungen. Ich war begeistert von der Kraft, die in dieser Rolle steckte, ich habe Gilda in ihrer Jugend und Naivität gut verstanden, und sie hat seit damals einen festen Platz in meinem Herzen. 2015 durfte ich sie erstmals an der Wiener Staatsoper singen. Und während der Vorstellungen wurde ich immer wieder von starken Emotionen bewegt, die vor ihrem Tod im dritten Akt einsetzten. Ich musste jedes Mal weinen, und selbst, wenn es vor den Vorhang ging und der Applaus einsetzte, war ich tieftraurig. Es gibt Partien, an denen man hart arbeiten muss, um sie zu verstehen. Doch Gilda hat sofort in mir gewohnt, und da kann man sie auch besser singen und spielen.
In Graz waren Sie die Königin der Nacht. Woran erinnern Sie sich noch?
Dass ich zunächst an einem Abend einspringen sollte, und dann wurde es eine ganze Serie. Das Opernhaus in Graz ist wunderschön, und das Publikum war wahnsinnig freundlich zu mir.
Ihr Sohn ist nun zwei Jahre alt. Haben Sie das Gefühl, dass auch er sehr musikalisch ist?
Ja, er hat das wohl schon in meinem Bauch mitgekriegt und mitgesungen. . . Mit seinem Papa hat er auch schon ein Galakonzert von mir besucht, und das war für ihn dem Anschein nach ganz normal.
Welche großen Ziele haben Sie noch in Ihrem Leben?
Ich habe mir gewünscht, Opernsängerin zu werden und Familie zu haben. Beides habe ich erreicht. Da kann man sich zusätzlich nur noch eines wünschen: Gesundheit. Und nach dieser entsetzlichen Corona-Zeit: Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich freue, in Bregenz endlich wieder auf der Bühne stehen zu dürfen.
Luigi Heinrich