Einerseits war man glücklich, in Zeiten der Pandemie endlich wieder einmal Live-Musik erleben zu dürfen. Denn eine Handvoll Personen, darunter auch Journalisten, durften ins Klagenfurter Konzerthaus, natürlich nur mit negativen Corona-Tests und FFP-2-Maske. Das Wörthersee Classic Festival machte es möglich, denn man wollte das bereits sieben Mal verschobene Festival aus dem Jahr 2020 (!) endlich stattfinden lassen und zumindest mittels Stream für Klassikfans zugänglich machen. Andererseits stimmte es sehr traurig, ohne Publikum, nur von Kameras begleitet, am Balkon des Konzerthauses zu sitzen.
Liebeserklärung an Alma
Das Konzert zum Festivalauftakt am Montag begann gleich mit einer sanften Liebeserklärung, als welche das berühmte „Adagietto“ aus der 5. Symphonie von Gustav Mahler an seine Frau Alma gedacht war. Die Musiker des Wiener Concertvereins, ein Kammerorchester der Wiener Symphoniker, unter Alexei Kornienko ließen es mit extrem langsamem Tempo und verträumter Innigkeit erklingen.
Beim einzigen Violinkonzert von Jean Sibelius kam dann auch Elena Denisova zum Zug: Mit klarer Tongebung und überwiegend präziser technischer Ausformung spielte die Intendantin des Festivals den extrem anspruchsvollen Solopart des Virtuosenreißers. Dabei wurde sie vom Orchester umsichtig begleitet. Musikzierfreude pur war dann noch zum Kehraus bei Franz Schuberts 5. Symphonie zu vernehmen.
Als Aufruf zu Toleranz verstand Dieter Kaufmann dann am Dienstag die Uraufführung seines Werkes „Tolleranza 2020“. Bei den „Etüden für eine bessere Welt“, so der Untertitel, trafen Dodekaphonie und harmonischer Klang zusammen, inklusive eines Zitates aus Bachs „Matthäuspassion“, konzentriert vom Wiener Concertverein wiedergegeben.
Nicht nur bei der ätherisch schönen Melodie des zweiten Satzes von Mozarts Klarinettenkonzert gelang es Darko Brlek, dem Intendanten des Ljubljana Festivals, seiner Klarinette traumhaft weiche Töne zu entlocken. Er faszinierte aber auch bei den schnellen Sätzen mit stupender Technik und Geläufigkeit. Das Orchester unter Ernst Theis folgte duftig und im ausgewogenen, bunten Wechselspiel mit dem Solisten. Antonín Dvořaks Streicherserenade op. 22, farbenreich und gefühlvoll interpretiert, beschloss das Konzert, das wie am Vorabend schmerzlich ohne Applaus endete!
Beide Konzerte sind auch unter www.woertherseeclassics.com nachzuhören.
Helmut Christian