Statt findet das Festival nun in insgesamt zehn Livestreams und am Ende an den unterschiedlichsten Orten der Welt. Wer komplett dabei sein will, hat sich auf der Plattform Fidelio einen Onlinepass gekauft und hat dadurch die Möglichkeit, die Konzerte auch wiederholt zu streamen. Und so begann der Konzertabend am Mittwoch nur auf dem Bildschirm im Großen Saal der Stiftung Mozarteum. 

Zum Glück für die Stiftung ist der Künstlerische Leiter ein Tausendsassa, der neben der musikalischen Präsentation auch für die sprachliche brennt und damit perfekt in die Rolle des Moderators passte. Es kam also nicht von ungefähr, wenn man sich bei der Begrüßung ein wenig an Villazons TV-Format "Stars von morgen" erinnert fühlte. Bereits im vorausgegangenen Stream hatte er sich im Talk bewiesen, in dem quasi das Appetithäppchen zum Festival, ein vollkommen neu entdecktes Klavierstück Mozarts, dessen Autograph die Stiftung Mozarteum bereits vor der Coronakrise erworben hatte, präsentiert wurde. Zusammen mit Ulrich Leisinger, dem Leiter des wissenschaftlichen Bereichs der Stiftung, erzählte Villazon die Geschichte des Werks und lauschte schließlich dem Pianisten Seong-Jin Cho bei der Präsentation des 94-sekündigen Klavierwerkes. "Was für eine Ehre", kommentierte Villazon berührt. "Danke Mozart! 94 Sekunden sind vielleicht nicht so viel, aber wenn sie von dir kommen, sind sie ein kompletter Kosmos."

Im Eröffnungskonzert im zweiten Stream folgten dann wieder alte Bekannte. Die kanadische Dirigentin Keri-Lynn Wilson dirigierte das Mozarteumorchester und Gastsolisten in "Klassikern" wie der Ouvertüre des "Figaro" und der "kleinen Symphonie in g-Moll". Die üblichen Parameter wie etwa die Klangentfaltung im Saal oder die Hervorhebung der Solisten lassen sich im Livestream nicht wirklich beurteilen, viel eher die gute Abmischung der Aufnahme und die stimmige Bildregie. Nicht umsonst ist der Große Saal der Stiftung Mozarteum einer der beliebtesten Aufnahmeräume für Kammermusikeinspielungen großer Namen wie Fazil Say oder Benjamin Schmid. Um in den vollen Genuss dieser Aufnahmequalität zu kommen, sei an dieser Stelle zu guten Kopfhörern geraten.

Durch die Kameraeinstellungen erschlossen sich dafür interessante Einblicke ins Orchester und zur Abwechslung auch einmal ins Gesicht der Dirigentin. Keri-Lynn Wilson nahm sich das Motto der Mozartwoche "Musico drammatico" sehr zu Herzen, dirigierte das Orchester flott und wendig durch die Symphonie KV 183, ohne dabei ausladend zu werden. Im Konzert KV 299, Mozarts einzigem Konzert für Flöte, Harfe und Orchester, überließ sie die Zügel dann fast zur Gänze ihren Solisten, der Flötistin Mathilde Calderini und Harfenmeister Xavier de Maistre, die als harmonische Doppelspitze durch das Werk führten. Auf den verdienten, eingespielten Applaus verzichtete man. An diese Stelle traten wohlwollendes Bogenwedeln und einige Bravo-Rufe von Rolando Villazon, der es sich ebenfalls nicht nehmen ließ, selbst eine Arie zu singen, in der seine Stimme mit derselben Energie wie in seinen Moderationen auflud.

Zusammen mit Giulia Semenzato und Luca Pisaroni, die ebenfalls jeweils eine Arie vorgetragen hatten, gab er anschließend fast halbszenisch das Terzetto "Cosa Sento" - "Tosto Andate" aus dem "Figaro". Während Semenzato sich auf die Feinheiten von Mozarts Kompositionen stürzte, fanden die Herren der Schöpfung ihren Spaß eher in der stimmlichen Dramatik.

Den knapp zweistündigen Stream beschloss wieder Keri-Lynn Wilson mit dem Mozarteumorchester und Mozarts A-Dur Symphonie. Großes Finale für einen zugegeben ungewöhnlichen, wenn auch nicht weniger gelungenen Konzertabend. Während viele Festivals vermutlich auch in diesem Jahr wieder der Pandemie weichen müssen, setzt die Stiftung Mozarteum mit ihrer digitalen Mozartwoche zumindest ein Zeichen der Hoffnung für alle Kulturdurstigen. Mozart, "eine Quelle des Lichts in dunklen Zeiten für uns alle", wie Villazon in seiner letzten Moderation ihn genannt hatte, könnte zu seinem 265. Geburtstag also tatsächlich auch noch zum digitalen Pionier werden.

(S E R V I C E -