Es ist eine Spitzenpersonalie in der Welt der klassischen Musik: Sir Simon Rattle wird Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO). Momentan ist der 65-Jährige noch Musikdirektor des London Symphony Orchestra. Sein Amt in München als Leiter des renommierten Orchesters samt Chor werde er zur Spielzeit 2023/2024 antreten, teilte der Bayerische Rundfunk (BR) am Montag in München mit. Der Vertrag läuft zunächst über fünf Jahre.
"Mit seiner Leidenschaft, mit seiner künstlerischen Vielseitigkeit und mit seinem einnehmenden Charisma wird er ein überaus würdiger Nachfolger von Mariss Janons sein", sagte BR-Intendant Ulrich Wilhelm. Wie kein anderer stehe er für neue Wege, Menschen für Musik zu begeistern. Dies sei ein wichtiges Signal gerade in einer Zeit, in der die Kunst mit Einschränkungen durch die Pandemie zu kämpfen habe.
Der Brite hat viel Erfahrung mit deutschen Toporchestern, nicht nur, weil er beim BRSO schon des Öfteren am Dirigentenpult stand. Von 2002 bis 2018 war er bereits Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Berliner Philharmoniker. In Österreich war Rattle u.a. als künstlerischer Leiter der Salzburger Osterfestspiele zwischen 2003 und 2012 präsent, bevor dort eine Ära zu Ende ging: Die Berliner Philharmoniker kehrten der Mozartstadt nach 45 Jahren als Orchester in Residence der Osterfestspiele den Rücken. 2017 übernahm er dann den Posten in London.
Nachfolger von Mariss Jansons
Nun wird er also Nachfolger von Mariss Jansons, der seit 2003 an der Spitze des Ensembles gestanden hatte und am 1. Dezember 2019 überraschend im Alter von 76 Jahren gestorben war. Eine Ehre, wie es Rattle am Montag nannte. "Ich bin begeistert", erklärte er.
Die Entscheidung für Rattle kommt nicht überraschend. Dem Vernehmen nach soll er der Wunschkandidat von Jansons gewesen sein. Als nach dessen Tod die Nachfragedebatte aufkam, wurde Rattle schon recht bald als Anwärter gehandelt, ebenso wie der 45-jährige Kanadier Yannick Nézet-Séguin, derzeit unter anderem Musikchef der New Yorker Metropolitan Opera. Ins Spiel gebracht wurde in Medienberichten zudem der Österreicher Franz Welser-Möst (60), seit 2002 Musikdirektor des Cleveland Orchestra.
Dass es nun nach gut einem Jahr einen namhaften Nachfolger für Jansons gibt, war vor allem ein Anliegen von BR-Intendant Ulrich Wilhelm. Noch vor dem Ende seiner Amtszeit zum 31. Jänner wollte er eine Entscheidung, allerdings nicht über das Orchester hinweg. Es gebe eine sehr enge Abstimmung mit den Mitgliedern des Symphonieorchesters, hatte Wilhelm immer betont. Allerdings hatte die Corona-Pandemie die Entscheidung verzögert. Reisebeschränkungen und der Ausfall von Konzerten erschwerten die Suche und die Gespräche mit Kandidaten.
Ein wichtiger Aspekt dürfte für einen künftigen Chefdirigenten auch das geplante neue Münchner Konzerthaus als Heimat des Orchesters sein. Jansons hatte sich stets dafür stark gemacht. Doch aus dem geplanten Baubeginn im Frühjahr 2018 wurde nichts. Seitdem wird immer noch geplant und angesichts der Corona-Krise auch nach Möglichkeiten gesucht, das Vorhaben billiger zu gestalten. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bekennt sich jedoch weiter zu dem Prestigeprojekt.