"Ein wahrhaft Großer ist von uns gegangen", sagte Kantor Roderich Kreile in der vollen Dresdner Kreuzkirche beim Gottesdienst für den verstorbenen Peter Schreier. Gekommen waren neben der Familie auch Weggefährten, Freunde, Künstlerkollegen wie Pianist Peter Rösel und Verehrer von Schreiers Kunst. Zu den Gästen zählten Ministerpräsident Michael Kretschmer und Kulturministerin Barbara Klepsch (beide CDU). Schreier, einer der führenden lyrischen Tenöre des 20. Jahrhunderts, war am 25. Dezember nach langer Krankheit gestorben.
Kreile würdigte ihn als einen "Mann höchster musikalischer Gestaltungskraft, welche Aufgabe und Rolle er auch übernahm" und überzeugten Evangelisten. Er habe sich mit äußerster Hingabe entfaltet, seine Wurzeln schätzend und im Glauben gegründet. "Er ist Vorbild für junge Musiker, weil er sich mit ganzer Seele hingeben konnte."
Der in Meißen geborene Sohn eines Kantors wuchs mit Musik auf. Mit acht Jahren kam er zum Dresdner Kreuzchor: Am 1. Juli 1945 war er der erste Schüler, der dem Aufruf zum Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg folgte. Sein Talent fiel schon als Knabenalt auf und Kantor Rudolf Mauersberger (1889-1971) komponierte für ihn Solopartien.
Später studierte der junge Tenor Gesang und Dirigieren in Leipzig und Dresden, wo er 1959 erstmals auf der Opernbühne stand - als Erster Gefangener in Beethovens "Fidelio". Danach gastierte er an den wichtigsten Opernhäusern der Welt von New York bis Mailand sowie bei den Salzburger Festspielen und wurde international ausgezeichnet. Schreier stand auch als Dirigent unter anderem bei den Wiener Philharmonikern und beim New York Philharmonic Orchestra am Pult.
Trotz Fangemeinden in aller Welt blieb Schreier in Dresden wohnen und engagierte sich für Sachsens Musikleben. Nach Angaben des Pfarrers seiner Kirchgemeinde im Stadtteil Loschwitz, Markus Deckert, wurde selbst aus Japan angefragt, ob bei dem Gottesdienst Kränze niedergelegt werden dürfen.
"Mit seiner Stimme hat er von Dresden aus die Bühnen der Welt erobert und Menschen unvergessliche Momente der Ergriffenheit geschenkt", sagte Deckert in seiner Predigt. Er betonte vor allem, dass Schreier als Oratoriensänger auch das geistliche Wort vermittelte. "Es nützt doch nichts, wenn nur schöne Töne abgeliefert werden", zitierte er einen typischen Satz des Künstlers.
Am Ende sangen am Mittwoch die 80 Kruzianer im Altarraum den Schlusschoral aus Bachs Johannespassion. Die hatte Schreier 2018 noch in der Leipziger Thomaskirche selbst dirigiert. Die jungen Sänger umringten den schlichten Eichensarg, auf dem ein Gesteck aus gelb-roten Rosen und Gerbera lag - und nahmen den Ausnahme-Kruzianer symbolisch noch einmal in ihre Mitte.