Mit einem 15 Minuten langen Applaus, Standing Ovations und einem Rosenregen für Anna Netrebko hat das Publikum der Mailänder Scala am Samstagabend die Saisoneröffnung mit Giacomo Puccinis "Tosca" gefeiert. Szenenapplaus gab es bei mehreren Arien, vor allem bei "Vissi d'arte", aber auch für Tenorpartner Francesco Meli für sein "E Lucevan le stelle".
"Die Fusion aus Musik und Bildern flößt dieser Tosca filmische Grandiosität ein", lobte die Tageszeitung "La Repubblica" die Leistung des italienischen Regisseurs Davide Livermore, der mit Videoeffekten den Bühnenszenen besondere Intensität verleihen konnte. Bewundert wurde vor allem die Schlussszene, in der die von Polizisten gejagte Tosca nicht wie erwartet von der Engelsburg in Rom springt, sondern in einem Lichtstrahl in den Himmel erhoben wird.
Puccinis "Tosca" war zuvor noch nie bei der traditionellen Saisoneröffnung der Mailänder Scala am 7. Dezember zu hören gewesen. Aufgeführt wurde die Oper in der Version, die bei der Premiere am 14. Jänner 1900 in Rom vorgestellt wurde. Acht Teile, die Puccini aus der Originalversion gestrichen hatte, wurden unter dem Dirigat von Scala-Musik-Direktor Riccardo Chailly wieder aufgeführt. "Die Diva Netrebko verkörpert die Primadonna Tosca und strahlt mit ihrer Samtstimme", kommentierte die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera". Die Sopranistin hat nach Giordanos "Andrea Chénier", Verdis "Giovanna d'Arco" und Mozarts "Don Giovanni" zum vierten Mal an einer Scala-Eröffnung mitgewirkt.
Stolz über den Erfolg des Abends zeigte sich der scheidende Scala-Intendant Alexander Pereira, der zusammen mit seiner Frau Daniela Weisser de Sosa vor der Aufführung die Stargäste empfing, darunter den italienischen Präsidenten Sergio Mattarella. Die Tosca ist die letzte Premiere mit Pereira als Scala-Chef. Der Kulturmanager wechselt ab dem 15. Dezember nach Florenz als Intendant des Opernhauses "Maggio Musicale Fiorentino". "Ich lasse ein Stück meines Herzens in Mailand. Doch auch Mailand hat mir ein Stück seines Herzen geschenkt", sagte Pereira im Gespräch mit Journalisten. Der scheidende Wiener Staatsopern-Chef Dominique Meyer war bei der Premiere anwesend. Er übernimmt erst intermistisch, ab dem 1. März offiziell die Leitung des Mailänder Opernhauses.
Die Tickets für die Premiere wurden zu einem Preis von bis zu 3.000 Euro verkauft. Die Tickets für die Saisoneröffnung sind traditionell dermaßen teuer, dafür gibt es Tags davor immer eine Generalprobe mit Tickets, die nur ein Hunderstel davon kosten.
RAI 1 sendete die Premiere live, die von 2,85 Millionen Zuschauern verfolgt wurde. Das waren rund 800.000 mehr als bei der Scala-Saisoneröffnung mit Giuseppe Verdis "Attila" im vergangenen Jahr. "Tosca" war damit die meistverfolgte Scala-Premiere, seitdem diese von RAI live übertragen werden.
Vor Beginn der Premiere kam es vor der Scala zu einem Protest linksradikaler Anhänger. Die Demonstranten protestierten gegen den Krieg in Syrien, die Einwanderungspolitik der italienischen Regierung und gegen die französische Supermarktkette Auchan, die in Italien 6.200 Jobs abbauen will. Die Protestierenden warfen Rauchbomben. Scharfe Sicherheitsvorkehrungen waren im Vorfeld ergriffen worden.
Das Scalaprogramm 2019/2020
Elf verschiedene Opern werden im Laufe dieser Saison in der Scala aufgeführt. Nach der Tosca gibt es etwa im Februar und März 2020 Verdis "Il Trovatore" unter der Regie von Alvis Hermanis. Zu den Highlights der Saison zählt im kommenden März auch die Aufführung von Richard Strauss' "Salome" mit dem Dirigat von Riccardo Chailly und der Regie von Damiano Michieletto. Dabei handelt es sich um eine neue Produktion der Scala. Eine Neuproduktion des Mailänder Theaters ist auch Claude Debussys "Pelleas et Melisande" unter dem Dirigat von Daniele Gatti und der Regie von Matthias Hartmann.
Nach Puccinis Tosca wird die Scala die Saison 2020/2021 mit Giuseppe Verdis "Otello" beginnen, Jonas Kaufmann und Marina Rebeka übernehmen die Hauptrollen. Für die Saisoneröffnung 2021 ist wieder Verdi geplant: "Macbeth" mit Anna Netrebko als Lady Macbeth.