Ausgerechnet "Oberon"! Jenes spröde, heterogene Stück, das der erschöpfte Carl Maria von Weber knapp vor seinem Tod schuf! Ein Stück, das für eine konzertante Aufführung nicht unbedingt geeignet scheint, weil dessen verworrene, fast schon parodistische romantische Ritter- und Geister-Geschichte geradezu nach einer Inszenierung schreit, die ein solches Gebilde zu zähmen hätte - oder seine Extravaganz in die Auslage stellte.
Ausgerechnet diesen "Oberon" zeigt die Grazer Oper nun in konzertanter Form. Zwischen den Musikstücken liest Birgit Minichmayr aus jenem Stoff, nach dem Webers Textdichter James Planche sein englisches Original-Libretto schuf: Das Versepos "Oberon" von Christoph Martin Wieland. Ein gelehrter, philologisch korrekter Ansatz, gut tauglich für eine Plattenaufnahme. Wobei Birgit Minichmayr das wunderbar altvaterische Sprachhandwerk Wielands zum Leben erweckt: ein schönes Stück Rezitationskunst.
Die Grazer Philharmoniker unter Chefdirigentin Oksana Lyniv entwickeln schöne romantische Klangkultur und lässt vom ersten Sforzato weg immer wieder mit spannenden Details aufhorchen. Der von Weber etwas merkwürdig zusammengestellte Sängerbesetzung mit zwei Tenören kommt die Grazer Aufführung mit starken Ensemble entgegen. Jason Kim singt den Hüon mit Metall, während der lyrischer ausgelegte Ilker Arcayürek den Oberon einige Empfindsamkeit mitgibt. Gisela Stille singt die Rezia feinherb, mit dramatischem Aplomb und intensiven Farben, Anna Brull ist eine Fatime mit poetischer Anmutung.