Könnte sein, dass die ersten Reihen im Stefaniensaal im Februar 2020 einige Tropfen abbekommen. Denn da wird unter anderem das „Water Concerto for water percussion an orchestra“ gegeben. Der in New York lebende Chinese Tan Dun sieht im Wasser „Tränen der Natur“. Zum Weinen ist sein in doppeltem Sinne spritziges Werk von 1998 aber keineswegs, im Gegenteil. Die famose britische Schlagwerkerin Evelyn Glennie wird mit dem Element in vier großen Plexiglasschüsseln spielen und neben ihren Zauberhänden auch Rohre, Becher, Flaschen, Siebe, Geigenbögen benutzen. Samt einer Lichtregie ist „eine Orgie zum Hören und Schauen“ zu erwarten, wie Mathis Huber bei der Präsentation des recreation-Programms 2019/20 versprach.
Der Orchesterintendant setzt auch in der 18. Spielzeit stark auf Frauen. Mei-Ann Chen, kürzlich zur Ersten Gastdirigentin gekürt, leitet nicht nur das oben genannte Projekt „Feuer und Wasser“. Die in Chicago lebende Taiwanesin, für Huber in den bereits acht Jahren der Zusammenarbeit „ein Wunder und Glück“, stellt zudem einen „Geniestreich“ vor. Nämlich die erste und einzige Symphonie von Dora Pejačević – von „Dora, sie, die Lieder, sie, die Töne hat“, wie Karl Kraus von der kroatischen Gräfin schwärmte. Dem Opus 41 der Spätromantikerin, deren meist tragische Tonsprache an Rachmaninow erinnert und die 1923 mit erst 37 Jahren infolge von Komplikationen bei der Geburt ihres ersten Kindes in München starb, wird die 1. Serenade von Johannes Brahms gegenübergestellt.
Neun Doppelkonzerte bietet recreation in Großbesetzung. Zum Start im Oktober führt Marie Jacquot am Pult mit Haydn, Mozart und Milhaud in ihre Heimat Paris. Den Schluss im Juni macht ein von Konzertmeister Wolfgang Redik geleitetes „Wunschkonzert“ – das Ergebnis einer Umfrage unter den Abonnenten, die sich für „Schlager“ von Mozart, Beethoven und Haydn (angeblich etwas mit Pauke) entschieden.
Dazwischen gibt es: „Blitze im November“ vom derzeit in Graz lehrenden Cellisten Julian Arp bei Schostakowitsch unter Daniela Musca. Einen „Lobgesang“ unter Andreas Stoehr, bei dem das seinen 40er feiernde Musikgymnasium Dreihackengasse in Mendelssohns Kantate den Chor stellt. Ein Beethoven-Geburtstagsfest zu dessen 250er unter Michael Hofstetter. „Frühlingsluft“ von Schubert und Schumann, zugefächelt von Markus Schirmer am Klavier unter Eva Ollikainen. Und „Mozart Nr. 40“, aber nicht nur diese und die 23. Symphonie, schließlich dirigiert Gerd Kühr, sondern als fesselnden Kontrapunkt György Ligetis Violinkonzert mit Geigenkönigin Patricia Kopatchinskaja.
Den Barockzyklus bilden wieder vier Projekte, allerdings nur zwei davon wie obligat im Minoritensaal, denn der wird ab Anfang 2020 rund eineinhalb Jahre lang renoviert. Also übersiedelt man (mit Einmal- statt Doppelterminen) in den Stefaniensaal, wo man größere Besetzungen etwa für Fux, Purcell, Muffat aufbietet oder für Händels Concerti grossi – samt „Wassermusik“, aber freilich ohne „Pritscheln“.
Apéro im Congress: Programmpräsentation für das Publikum, mit Musikostproben. Sonntag, 17 Uhr, Stefaniensaal Graz. Karten um 9 Euro im styriarte-Büro, Sackstraße 16, Graz.
Michael Tschida