Zu einer bewegenden Trauerfeier in beeindruckender Atmosphäre gestaltete sich am Mittwochvormittag die Verabschiedung von Kammersängerin und Staatsopern-Ehrenmitglied Hilde Zadek auf der Prunkstiege der Wiener Staatsoper. Dabei stand die Erinnerung an den positiven Menschen und die Pädagogin ebenso im Zentrum wie die "Jahrhundertsängerin". Die Sopranistin war am 21. Februar 101-jährig gestorben.

"Sie hat mehrere Leben gelebt", erinnerte Staatsoperndirektor Dominique Meyer daran, dass Hilde Zadek als Jüdin 1935 nach Palästina emigrieren musste, nach dem Krieg mit einem Studium am Zürcher Konservatorium eine Karriere als Sängerin begann und genauso erfolgreich als Lehrerin und Mentorin wirkte. "Sie war eine grandiose Künstlerin und eine wunderbare Pädagogin." Vor allem aber sei sie auch "eine sehr positive Person" mit einem freundlichen Lächeln gewesen, die sich bis ins hohe Alter für die Oper interessiert habe und überzeugt gewesen sei, "dass von uns einiges übrig bleibt - selbst, wenn wir sterben".

Zadeks Weiterwirken über ihren Tod hinaus betonte auch Kammersängerin Adrianne Pieczonka, die die Begeisterung von Hilde Zadek hervorhob: "Wenn ich noch hundertmal zur Welt käme, würde ich mir noch hundertmal wünschen, Sängerin zu werden - oder hunderteinmal", zitierte sie einen Spruch der Verstorbenen. "Für sie war ein Tag ohne Unterricht ein verlorener Tag. Sie unterrichtete nicht aus Pflicht, sondern aus Liebe." Wenn sie heute Abend die Marschallin im "Rosenkavalier" singen werde, "auch die Lieblingsrolle von Hilde Zadek", werde sie innig an ihre Lehrerin denken. 58 Mal hatte Zadek laut Meyer die Marschallin an der Staatsoper gesungen, seit ihrem Hausdebüt 1947 (im "Ausweichquartier" im Theater an der Wien) insgesamt 39 Rollen in 757 Vorstellungen.

"Toleranz könnte Deine Erfindung sein"

Bei der von dem hoch oben postierten Chor und Orchester der Wiener Staatsoper unter der Leitung von Adam Fischer musikalisch u.a. mit Mozarts Maurerischen Trauermusik und dem Lacrimosa aus dem Requiem eindrucksvoll untermalten Verabschiedung sprach auch Kammersängerin Christa Ludwig Worte des Gedenkens. "Liebe Hilde, Du warst nicht nur Sängerin, sondern auch eine wundervolle Lehrerin", sagte sie. Dabei habe Zadek nicht nur Technik, sondern auch Lebenserfahrung gelehrt. "Toleranz könnte eine Erfindung von Dir sein." Mit ihrer positiven Energie habe sie immer bewiesen: "Mensch zu sein ist wohl das Wichtigste!"

Im Anschluss an die öffentliche Trauerfeier findet die Beisetzung der Urne im engsten Familienkreis auf dem Wiener Zentralfriedhof statt. Dort ist Zadek ein Ehrengrab der Stadt gewidmet.