Erika Schubert wurde am 6. April 1920 in Graz geboren. Sie studierte Gesang an der Musikschule des Landeskonservatoriums sowie an der angegliederten Opernschule. Bereits im Alter von 15 Jahren stand sie als Statistin und Ballettelevin auf der Grazer Opernbühne. Im Jänner 1942 erhielt die talentierte Sängerin ihr erstes Auslandsengagement in Straßburg. Von dort aus gastierte sie sehr erfolgreich in Stuttgart, Freiburg, Karlsruhe und Saarbrücken. Kurz vor Kriegsende kehrte sie wieder in ihre geliebte Heimat zurück und sang 1945 – also noch unter russischer Besatzung – bei der ersten Vorstellung im Schauspielhaus und wirkte im Juli 1945 bei der Wiedereröffnung des bombenbeschädigten Grazer Opernhauses mit.
1953 folgte die charismatische Sängerin dem Ruf von Wieland Wagner, der sie für mehrere Jahre zu den international renommierten Festspielen nach Bayreuth holte. Zahlreiche umjubelte Gastspiele führten die Künstlerin international an zahlreiche Opernhäuser wie u. a. Paris, Lyon, Toulouse, Avignon, Rom, Venedig, Barcelona, Den Haag, Brüssel, Kairo und Osaka. Sang sie zu Beginn ihrer Karriere noch hohe Partien wie die Königin der Nacht („Die Zauberflöte“), so zeichnete sich schon bald ihr Weg zur Altistin ab. In Graz stand sie unter anderem als Erda („Der Ring des Nibelungen“), Klytämnestra („Elektra“) und Prinz Orlofsky („Die Fledermaus“) auf der Bühne und beeindruckte stets mit unvergleichlicher Bühnenpräsenz und Intensität.
Immer wieder kehrte Frau Professor Erika Schubert mit Freude an die Oper Graz zurück, deren Ensemble sie bis zum Jahre 1993 angehörte. Darüber hinaus erfüllte die beliebte Künstlerin, deren Humor und erfrischende Gradlinigkeit man als legendär bezeichnen kann, mit großem Enthusiasmus und Engagement eine wichtige Aufgabe im Bereich der Nachwuchsförderung, indem sie ihre reichen Erfahrungen und ihr umfangreiches Können als Pädagogin an unzählige junge Sängerinnen und Sänger weitergab.
Zahlreiche Auszeichnungen wie das Silberne und Goldene Ehrenzeichen der Stadt Graz, das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark, der Titel einer Steirischen Kammersängerin sowie die 1996 erfolgte Verleihung des Berufstitels Professor durch den Bundespräsidenten würdigen das kulturelle und künstlerische Wirken von Erika Schubert.
Als Zeichen der Trauer um diese besondere Künstlerin wird in den kommenden Tagen die schwarze Fahne am Balkon des Opernhauses hängen.
Porträt zum 90er
Lesen Sie hier auch das Porträt, das Hansjörg Spies 2010 anlässlich ihres 90. Geburtstags über Erika Schubert schrieb.
Auf der Bühne war sie lieber als zur Image-Pflege bei einem Pressetermin. "Als ich zum Theater ging, gab es hierzulande noch keine PR-Manager, Image-Berater oder Personal Coaches. Es war 1941, ich eine kleine Elevin mitten im Zweiten Weltkrieg und glücklich, dass ich als einer der drei Knaben in Mozarts ,Zauberflöte' debütierte."
"Ich bin nicht schüchtern, aber ich mache nie viel Getue um mich", ist ein Standardsatz der resoluten Dame mit dem baritonalen Lachen und der stets vollendeten Frisur. "Und es war für mich vor fünf Jahren ein Debüt, als ich für die Grazer Opernfreunde in einem Künstlergespräch stundenlang über meine Karriere erzählte."
Nach abenteuerlichem ersten Engagement in Straßburg und Flucht nach Hause sang die junge Altistin Erika Schubert im unzerstörten Schauspielhaus Leo Fall für die Russen, dann für die britischen Besatzer Jacques Offenbach: "Den Grazern gefiel es offenbar auch und so blieb ich von 1945 bis 1998 an der Grazer Oper."
Gesungen hat sie alles, auch Operette und Musical: Carmen und Octavian ("Rosenkavalier"), Erda ("Ring") und Klytämnestra ("Elektra"), Orlofsky und die Mrs. Pearce in "My Fair Lady".
Ihre schauspielerische Vielseitigkeit, ihre profunde Altstimme und ihr hysteriefreies Nervenkostüm wurden bald von den Bayreuther Festspielen bis Osaka, von Paris bis Palermo geschätzt. Besonders auch von den bedeutendsten Dirigenten und Regisseuren: "Da waren schon echte Kapazunder wie Hans Knappertsbusch, Josef Keilberth und Pierre Boulez, Wieland und Wolfgang Wagner. Stolz bin ich auch auf die Super-Wotane Paul Schöffler und Hans Hotter."
Feiern mag sie, die die Ehrentitel Professor und Steirische Kammersängerin führen darf, nicht: "Ehrenbürgerin von Graz, das bin ich schon ganz gerne. Aber ich flüchte meistens vor solchen Events in die Berge oder an die Adria."
(Kleine Zeitung vom 6. April 2010)