Rattle musste immer wieder auf das Podium treten, herzte einige Musiker, umarmte sie und bedankte sich dann über Mikrofon bei seinem "wunderbaren Orchester". An das Publikum gerichtet sagte er: "Sie sind wundervoll und tief mit meinem Herzen verbunden." Auch nachdem die Philharmoniker den Saal verlassen hatten, ließen die Zuhörer nicht locker: Rattle erschien noch einmal und bedankte sich alleine auf dem Orchesterpodium für den Beifall.
Zuvor hatte der Dirigent die fast 90 Minuten lange "Sechste" von Mahler dirigiert, die er bereits bei seinem ersten Gastauftritt mit den Philharmonikern 1987 aufgeführt hatte. "Ich hatte an diesem Tag das Gefühl, ich würde meine Stimmen finden", erinnerte er sich in dem Programmheft an seinen ersten Auftritt bei den Philharmonikern.
Es war das emotionale Ende einer 16 Jahre langen Ära, die Rattle 2002 begonnen hatte und in die er das Orchester, das als eines der besten der Welt gilt, fit für das 21. Jahrhundert machte. Unter Rattle starteten die Philharmoniker ein wegweisendes Bildungsprogramm und begannen mit der Live-Übertragung der Konzerte als Internet-Stream und in die Kinos. Der Brite öffnete die Philharmoniker für ein neues Repertoire, vor allem mit zeitgenössischen Komponisten.
Somit tritt der 63-Jährige zum Ende der Spielzeit ab - ganz aus Berlin wird er nicht verschwinden. Er wird weiter in der Stadt leben, zusammen mit seiner Ehefrau, der Mezzosopranistin Magdalena Kozena, und seinen Kindern. Doch er wird zwischen der deutschen und der britischen Hauptstadt pendeln, wo er seit einem Jahr das London Symphony Orchestra leitet.
Rattle hatte 2002 das Orchester als Nachfolger von Claudio Abbado übernommen. Sein Nachfolger wird in der Spielzeit 2019/20 Kirill Petrenko, der zur Zeit Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper ist.
Seinen allerletzten Auftritt als Orchesterchef in Berlin hat der Dirigent am Sonntag (24. Juni) beim traditionellen Konzert der Philharmoniker in der Waldbühne. Dort wird er zusammen mit seiner Ehefrau, Magdalena Kozena, auftreten.