Pleiten, Pech und die Politik zwangen immer wieder zur Umplanung, Millionen wurden im Sand verbaut. Jetzt ist es soweit: Nach sieben Jahren eröffnet die Staatsoper zum Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober) die neue Saison in ihrem frisch renovierten Haus - allerdings nicht mit einem für solche Ereignisse repräsentativen Opern-Blockbuster à la "Meistersinger", "Fidelio" oder "Freischütz", sondern mit einem Torso.

Aus Robert Schumanns "Szenen aus Goethes Faust" hat Intendant und Regisseur Jürgen Flimm einen Abend unter dem Titel "Zum Augenblicke sagen: Verweile doch!" mit Texteinlagen gestrickt. "Wir wollten einen großen Stoff, der mit unserer Kulturgeschichte verknüpft ist", begründete Flimm die Wahl. Auf dem Programm des Eröffnungsfestivals steht auch ein Konzert vor dem Opernhaus und ein Auftritt der Wiener Philharmoniker mit Zubin Mehta. Doch nach dem Auftakt ist sofort wieder Pause: Erst am 7. Dezember wird die Staatsoper regulär öffnen, bis dahin müssen sich die Mitarbeiter für den Betrieb fit machen.

Daniel Barenboim fiebert schon der Premiere entgegen. In den vergangenen Jahren hatte er im Ausweichquartier im Schiller-Theater dirigieren müssen. Die Akustik im renovierten Saal übertreffe seine kühnsten Erwartungen. "Ich bin erstaunt, wie hervorragend der Klang geworden ist", sagte der Generalmusikdirektor. Auf Barenboims Wunsch wurde die Decke um fünf Meter erhöht, mit der neuen Galerie wird die Nachhallzeit der Musik auf 1,6 Sekunden nahezu verdoppelt. Mit Mozart, Brahms, Bruckner und Strawinsky hat sich die Staatskapelle in diesen Tagen eingespielt und die neuen Klangverhältnisse ausgelotet.

Zu den Neuerungen gehört eine unterirdische Verbindung zwischen der Hauptbühne und den Proberäumen im benachbarten Intendantenhaus. Das erleichtere die Logistik enorm, sagt Ko-Intendant Matthias Schulz. Allerdings verschlang der 75 Meter lange und 18 Meter hohe Tunnel Millionen. Der Verbindungsbau musste mit einer mehrere Meter dicken Betonsohle gegen das Grundwasser abgesichert werden. Im Untergrund wurden außerdem Reste der alten Stadtmauer gefunden.

Sieben statt drei Jahre, 400 statt 240 Millionen Euro - die Renovierung der nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Ruinen wiederaufgebauten und seit Jahren dringend sanierungsbedürftigen Lindenoper drohte sich zum Skandal auszuweiten. Das Berliner Parlament untersuchte die ausufernden Kosten und die Verzögerungen. Teurer wurde die Renovierung unter anderem durch eine Entscheidung des früheren Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD). Er hatte einen bereits beschlossenen Neuentwurf für den Saal nach Protesten von Denkmalschützern und Förderern kurzerhand gekippt. Die Umplanung kostete viel Geld und Zeit.

Nun bleibt der Rokoko-Raum so, wie ihn der DDR-Architekt Richard Paulick nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut hatte. Auch in Paulicks Sinn erstrahlt das Opernhaus in Rosarot. An repräsentativer Stelle bekommt Berlin ein Opernhaus nach dem neuesten Stand. Hubpodien und einer Drehscheibe wurden eingebaut, die Bühnentechnik, die zum Teil noch aus den Jahren 1927/28 stammte, modernisiert.

"Natürlich wäre es besser gewesen, wie geplant nach drei Jahren wieder zu öffnen", sagte Barenboim. "Man hat ja sogar noch versucht, Anfang dieses Jahres, alles wieder zu verschieben. Aber Jürgen Flimm und ich haben am 3. Oktober 2017 als Eröffnungstermin festgehalten und nach Außen mit einer Zunge gesprochen. Sonst hätten wir jetzt hier ein zweites Desaster wie beim BER-Flughafen."