Dass Andreas Großbauer bei der Wahl bereits nach der ersten Amtszeit von drei Jahren unterlag, sei kein Zeichen für gröbere Konflikte innerhalb der Philharmoniker, betont Froschauer: "Das ist ein völlig normaler, demokratischer Vorgang, der ein bisschen aus den Augen verloren wurde, weil Clemens Hellsberg über 17 Jahre lang an der Spitze stand." Er hätte im gegenteiligen Fall Großbauer auch fraglos weiterhin unterstützt, müsse man in einem auf Exzellenz zielenden Verein wie den Wiener Philharmonikern schließlich zusammenarbeiten: "Viele vergessen, dass wir praktisch so eng wie eine Familie agieren. Es werden täglich Höchstleistungen verlangt."

Auch wenn die beiden Frontmänner nicht offiziell als Team angetreten sind und beide Funktionen bei der Versammlung im Juni separat gewählt wurden, steht ihre Verbundenheit außer Frage. "Wir haben das nicht ausgesprochen. Aber man muss in solch einer Funktion auch befreundet sein", macht Froschauer deutlich, was auch sein Kompagnon so sieht: "Es war für mich klar, dass ich es nur dann mache, wenn Daniel gewählt wird."

Und so hat das neue Führungsduo auch seine klaren Vorstellungen für die Zukunft: "Es geht nicht um 180-Grad-Wenden, sondern die Feineinstellung. Wir haben gewisse Ideen und finden die Zeit dafür reif", so Bladerer. Das bedeute etwa, kein unendlich forderndes Programm für die philharmonischen Konzerte anzusetzen, während man in der Staatsoper gerade einen "Ring" spiele. Nachdem die Einsätze in der Staatsoper vorgegeben sind, sind die Stellschrauben, an denen man drehen kann, allerdings begrenzt. Die Philharmoniker-Kreuzfahrt gehört jedenfalls nicht dazu. "Im Verhältnis zu dem, was wir sonst machen, ist eine Kreuzfahrt extrem erholsam. So gemütlich habe ich es sonst das gesamte Jahr über nie", betont der künftige Geschäftsführer. Aber für die unmittelbare Zeit nach den Salzburger Festspielen wälze man gerade Ideen für die Zukunft: "Wir haben hier Gespräche mit Markus Hinterhäuser, ob wir ein Programm von den Festspielen auch in Luzern verwenden dürfen, was die Einstudierungszeit verkürzen würde. Das sind die Kleinigkeiten, die das Leben erleichtern."

Das Thema der Spielverpflichtungen komme nicht zuletzt deshalb aufs Tapet, da sich der Klangkörper zusehends verjünge - was auch eine andere Sicht auf den Beruf mit sich bringe. "Die Leute haben durch die Verjüngung ein anderes Zeitmanagement. Die Musiker wollen gerne spielen, sind leidenschaftlich und haben eine einzigartige Einstellung zum Beruf. Aber auch das Ausrasten muss beachtet werden", umreißt der 51-jährige Froschauer die veränderte Sicht. Die Frage der weiblichen Philharmoniker sei hingegen keine mehr, erhöhe sich doch deren Anteil von derzeit elf der 142 Orchestermitglieder über die Jahre hinweg stetig, unterstreicht Froschauer. So stehen derzeit vier Frauen als bestätigte Mitglieder des Staatsopernorchesters in Warteposition für den Verein: "Die Frauenfrage ist für uns kein Thema mehr. Auch unsere Damen werden schon grantig, wenn man sie darauf anspricht. Das ist ein Nicht-Thema."

Nach wie vor offen ist hingegen die Frage, wie man mit dem "Philharmonic Suit" umgeht, den das Orchester eigens bei Designerin Vivienne Westwood in Auftrag gegeben hatte - aber entgegen der ursprünglichen Planung bis dato noch nicht trägt, ist doch erst die Hälfte der Anzüge geliefert. Aber auch nach dem Eintreffen der restlichen wird man die Philharmoniker weiterhin primär im gängigen Frack und Stresemann sehen. "Wir haben vor, den Suit nur für das Neujahrskonzert zu verwenden. Es ist eine Spezialanfertigung - das bedeutet, wir haben ein Problem mit Substituten, sollte jemand besonders korpulent, groß oder klein sein. Das ist für das Alltagsgeschäft problematisch", macht Bladerer die Herausforderungen des Projekts deutlich.

Ein weiterer Fokus muss in den Augen der neuen Philharmoniker-Spitze auf der Bindung der jungen Dirigentengeneration ans Orchester liegen, was allerdings nicht bedeuten könne, den Anspruch zurückzuschrauben. "Die Hürden werden auf keinen Fall gesenkt - weder beim Probespiel noch bei den Dirigenten. Im Gegenteil", stellt Bladerer klar. Aber man müsse manchmal vielleicht gewisse Barriereängste nehmen. Zugleich müsse man hier den wertvollen Schatz des charakteristischen Klangs pflegen. "Ich glaube, dass wir uns rückbesinnen sollten, dass wir eine Tradition haben, in der Komponisten speziell für uns geschrieben haben, was unseren Klang geprägt hat. Auch sind wir als Opernorchester speziell geschult. Da gilt es, Dirigenten zu finden, mit denen wir das umsetzen können", so Froschauer. "Das ist unsere Identität. Dieses Klangamalgam dürfen wir nicht verlieren - darin verlieben sich auch die Dirigenten", ist sich auch Bladerer sicher.

Eine andere Personalie, die in jüngster Zeit für Unruhe gesorgt hat, ist der für kommendes Jahr angekündigte Abgang des nach Langzeitregent Rainer Küchl engagierten Konzertmeisters Jose Maria Blumenschein. "Er hat um die Entlassung aus dem Vertrag gebeten. Und mir tut das unendlich leid - dieser Kollege hat ein wunderbares Spiel, und ich habe selten jemand gesehen, dem nach einem Jahr so viel Liebe entgegengeflossen ist." Die Anforderungen an junge Musiker seien jedoch enorm, meint Froschauer: "Privatleben hat man in den ersten zehn Jahren nicht."