Die Neue Hofkapelle Graz ist diesmal über sich selbst hinausgewachsen“, streute Intendant Mathis Huber bei seiner Bilanz über die styriarte 2017 Rosen. Zu Recht. Das exquisite Ensemble um die Geigerin Lucia Froihofer und den Cembalisten und Flötisten Michael Hell war heuer eine tragende Säule des Festivals.
Schon bei der Eröffnung hatte man feine musikalische Kostproben gegeben. Bei „Der König tanzt“ ließen die spritzigen Instrumentalisten in Barockkostümen mit Perlen von Lully, Couperin oder Charpentier Opulenz und Raffinesse in Versailles erahnen. Und beim zentralen Projekt der styriarte, dem Operncapriccio „La Margarita“ samt Pferdeballett, machten sie mit Preziosen von Antonio Cesti, Francesco Cavalli & Co die andalusischen Hengste tanzen und brachten bei den Intermezzi mit Dudelsack, Jodlern und Juchazern zudem lustvoll steirische Noten ein.
Aber die Hofkapelle wäre nicht die Hofkapelle, wenn sie nicht schon wieder ein paar Schritte weiter wäre. Ihre mittlerweile siebente Konzertsaison ist längst fertig, das in zweifacher Hinsicht schöne Programm gedruckt, dazu sogar ein hoch elegantes, zweisprachiges Magazin, das unter anderem folgende Fragen beantwortet: „Was soll man mit einem Museum? Gibt es einen Architekten, der die Dramaturgie eines Konzertabends nachbauen kann? Können Karl Markovics und Emma Kirkby reiten? Sind alle Soziologen Langeweiler? Und wie um alles in der Welt stoppt man eine Straßenbahn?“
Der frisch-freche Zugang zur Musik, den Georg Kroneis solcherart formuliert, ist ein wesentlicher Energiestoß für das eigenständige Orchester. Wie dem Cellisten und Gambisten, zwischendurch auch als Kritiker der Kleinen Zeitung tätig, ist auch seinen Mitmusikern ständige Horizonterweiterung wichtig - zum Beispiel durch Verbündete in anderen Disziplinen der Kunst, wie auch jetzt wieder in der neuen Spielzeit.
Dazu greift man zunächst nach den Sternen: Mit „Ewigkeit für Anfänger“ hat Helmut Jasbar ein Oratorium auf Johannes Kepler komponiert. Bei der Uraufführung zum Auftakt der Saison 2017/18 am 6. und 7. Oktober sind namhafte Solisten und (no, na!) die Grazer Keplerspatzen dabei, und Schauspieler Karl Markovics gibt den im Fiebertraum liegenden Astronomen.
Wie quer man mit historischen Instrumenten nur denken kann, die Hofkapelle tut es - in vier Orchesterkonzerten im Minoritensaal sowie in vier Familien- und vier Abendprogrammen im Museum für Geschichte, der Joanneum-Abteilung in der Sackstraße 16.
Bei „Breezy Bach“ zum Beispiel ist Teufelsfiddler Jim O'Toole mit von der höllischen Partie. Zu Concerti grossi von Georg Muffat liest Johannes Silberschneider berühmte Fabeln von La Fontaine. Mit Sopranistin Emma Kirkby, der Grande Dame der Alten Musik, kommt man dem Spion John Dowland auf die Schliche. Und Adrian Schvarzstein, in dessen immer bezaubernden Projekten man schon beim Cirque Noël, mitwirkte, versucht als Don Quixote zwar nicht Tramways zu stoppen, aber vielleicht doch Windmühlen.
Michael Tschida