Es war einmal eine katalanische Künstlergruppe, die sich mit großen, lauten und mit modernster Technik arbeitenden Performances den Ruf von Bühnen-Berserkern erarbeitet hatte: La Fura dels Baus galt bald weltweit als Spezialist für szenische Großprojekte, bei denen nicht die feine Klinge, sondern die große Geste gefragt war. Was jedoch Regisseur Carlus Padrissa, einer der Gründerväter und Leiter des einst so innovativen Kollektivs, nun für eine in Aix erstmals gezeigte und durch Europa tourende Bühnenversion der "Schöpfung" hinzugefügt hat, verkleinert den über 200 Jahre alten Versuch, den Weltgeist zu fassen, stellenweise ins Läppische.
"Unsere Inszenierung ist Licht und nur Licht", beschreibt Padrissa sein szenografisches Konzept. Dieses Licht, eingesetzt von Laserprojektionen, Tablet-Bildschirmen und in pludrige Kostümmäntel und sich auftürmende Turbans eingearbeitete Leuchtpunkten, erhellt jedoch nichts. Es versucht einerseits mit viel digitalem Sternennebel und über die Bühne schwebenden Textfragmenten wie "Nature is innocence. Innocence is life." das moderne wissenschaftliche Weltbild des Urknalls und seiner Folgen zu illustrieren, andererseits der naiven Schöpfungsgeschichte des dem Libretto zugrunde liegenden Buches Genesis gerecht zu werden.
Dieser Spagat ist kaum zu schaffen - vor allem nicht mit seltsamen orientalischen Kostümen, Heliumballons, die von einem Flüchtlingschor spazieren geführt werden, einem die Bühne dominierenden Kran, der uns zu den Anfängen der Teilchenphysik gleich das Kräftespiel der Mechanik vor Augen führt, und einem 100-Liter-Aquarium, das als Sänger-Bad mehr als einmal zu Publikumsgelächter Anlass gibt. Das Leben entstand schließlich im Wasser, und so müssen auch Adam und Eva gehörig nass werden, ehe sie glücklich zueinander finden.
Der Schöpfungsmusik war in diesen eindreiviertel Stunden so wenig Aufmerksamkeit beschieden wie selten zuvor. Was man durchaus bedauern konnte. Nicht, dass Dirigentin Laurence Equilbey ihrem sonst auf einer Seine-Insel beheimateten Insula Orchestra eine Sternstunde der Haydn-Pflege entlockt hätte, doch sängerisch war durch den akkuraten Accentus Kammerchor und das sängerische Dreigestirn Mari Eriksmoen, Martin Mitterrutzner und Daniel Schmutzhard die Welt in Ordnung. Nach ihrem von Eriksmoen und Schmutzhard innig gesungenen Liebesduett wünschte man dem nassen Ur-Paar Adam und Eva von ganzem Herzen viel Glück, ein langes Leben - und trockene Handtücher. Viel Applaus für ein Gastspiel, das am Dienstag noch ein weiteres Mal zu erleben ist.