Vor Jahren erzählten Sie uns, dass Sie über 200 Konzerte im Jahr spielen. Spielen Sie noch so viel, und wie verhalten sich dabei Routine und musikalische Herausforderung?
Pat Metheny: Nun ja, 2014 war ich auch fast 200 Tage auf Tour, aber 2015 spielte ich nur vier oder fünf Gigs. Da habe ich es dann sehr genossen, so viel zu Hause zu sein. Das war wahrscheinlich die längste Zeit, die ich durchgehend zu Hause verbracht habe, seit ich ein Teenager war. Aber das vergangene Jahr war ich wieder sehr aktiv, und dieses Jahr ist besonders ausgefüllt. Für mich ist jede Möglichkeit zu spielen ein Privileg. Aber mit drei Kindern, die 300 Tage im Jahr außer Haus müssen, ist das nicht gerade praktisch. Ich mache das seit sehr langer Zeit, und ich habe eine gewisse Routine, mich jeden Tag aufzurichten und mich auf jedes Konzert vorzubereiten. Aber ich spiele jedes Konzert, als wäre es mein letztes.
Neben der Gitarre spielen Sie ja auch noch ein riesiges Orchestrion. Ein Kindheitstraum als musikalisches Experiment?
Metheny: Für mich war das ein Projekt, an das ich seit meiner Kindheit dachte. Es war riskant, machte Spaß und war äußerst interessant. Ich musste aber wirklich sehr viele neue Dinge lernen, um das umsetzen zu können. Und jetzt, wo ich weiß, dass ich es kann, möchte ich es in einigen Jahren wieder machen. Jetzt kenne ich auch die anderen sieben verrückten Erfinder auf diesem Planeten, die interessante Dinge auf diesem Gebiet machen. Ich möchte sie alle irgendwann versammeln und zusammen etwas Überraschendes machen, vielleicht 2022 oder 2023.
Die Gitarren-Fans scheinen Pat Metheny aber am liebsten im Trio zu hören. Wo fühlen Sie sich am wohlsten?
Metheny: Die Leute tendieren dazu, dass sie von jener Platte oder Periode am meisten beeinflusst sind, die zu der Zeit auf ihrem Radar passierte, als sie sich das erste Mal dafür interessierten. Wenn ich mitbekommen, wie Publikum und Kritiker untereinander über die Vorzüge eines Settings oder einer Besetzung streiten, sehe ich, dass sie den eigentlichen Punkt völlig übersehen. Nämlich die Art, wie alles von mir in einer langen Geschichte ineinandergeht, mein Ding.
Hört man in „The Unity Band“ den ultimativen Pat Metheny ?
Metheny: Alles, was ich mache, ist die Pat Metheny Group, unabhängig davon, wen ich gerade wofür verwende oder ob es das Orchestrion-Projekt oder das Trio oder was auch immer ist. Es ist alles dasselbe Ding für mich, in dem jedes Setting, das ich als Bandleader zusammenstelle, auf die gleiche Weise funktioniert. Mag sein, ich war ein bisschen zu gut dabei, alle Projekte mit einem eigenen Namen und einer Mini-Kultur zu brandmarken, aber ich fühle weniger und weniger die Notwendigkeit das weiterhin so zu verfolgen. Nichts ist exklusiv gegenüber irgendetwas anderem. Der einzig wirklich entscheidende Faktor ist, an der Stärke der jeweiligen Musiker zu ziehen.
Sie haben einst mit der Trompete begonnen, und Ihr älterer Bruder Mike ist ein etablierter Trompeter. Hat das irgendeinen Einfluss auf Ihre Schreib- oder Spielweise?
Metheny: Ja, als ich auftauchte, war ich zuerst noch ein sehr junger Trompeter. Ich denke noch immer „in Trompete“, und ich schreibe fast alles am Klavier. So sind diese Instrumente auch Teil meines musikalischen Bewusstseins. Aber die Ideen sind dieselben, egal, womit sie ausgeführt sind.
Fühlen Sie sich eigentlich als Jazzmusiker?
Metheny: Ich bin nicht gerade der große Fan der ganzen Idee eines Genres oder Stils, um damit loszufahren. Für mich ist Musik eine große universelle Art des Lebens und des Seins. Die Musiker, die ich am meisten bewundert habe, sind diejenigen, die ein tiefes Reservoir an Wissen und Einsicht nicht nur über Musik haben, sondern über das Leben im Allgemeinen, und die fähig sind, jene Dinge mit ihrem Sound zu beleuchten, die sie lieben. Wenn das ein Musiker ist, der das als Improvisator auf der Bühne kann, ist das für gewöhnlich meine bevorzugte Art von Musiker.
Wie sieht das Programm dieser Tour aus?
Metheny: Das Konzept ist diesmal sehr einfach: eine wirklich außergewöhnliche Gruppe von Musikern, für die ich einige Musik geschrieben habe und die zusätzlich alles und von jedem Punkt in meiner Karriere aus spielen kann, eine exzellente Live-Band.
Wir spielen auch eine Menge Musik von mir, die ich schon länger nicht mehr gespielt habe. Die Konzerte sind sehr lang und decken ein großes Territorium ab. Wir hatten bis jetzt eine tolle Tournee.
Otmar Klammer