"Bleiben wir doch einfach hier", beschließt die Witwe Begbick (Frances Pappas) und initiiert so die Gründung von Mahagonny, einer Stadt, in der das Vergnügen an erster Stelle steht und den Bewohnern und Besuchern das Geld aus der Tasche gezogen werden soll. In kürzester Zeit entsteht ein Freizeitpark ähnliches Areal, bei dem es an nichts fehlen soll. Dieses Mahagonny macht Jacopo Sprirei zu einem Internet-Hotspot.
Dank Social Media und Apps kann alles jederzeit aufgezeichnet, geändert und vernetzt werden. Hier hat Eva Musil mit ihrem Bühnenbild keine Anspielung ausgelassen und die Logos bekannter Social-Media-Apps gekonnt verändert und in die Szenen eingebaut. Kleine Twitter-Vögel fliegen durch die iCloud-Wolken, bei Jim Mahoneys Gerichtsprozess gibt es Facebook-Likes für den Freispruch und das Ortsschild von Mahagonny ist dem Google-Schriftzug nachempfunden.
Diese Welt hat Witwe Begbick fest in der Hand. Frances Pappas spielt und singt sie derb bis liebevoll und mit einer gesunden Portion Selbstbewusstsein. Mit dieser Frau legt man sich besser nicht an. Franz Supper ist ein ehrlicher und gerader Jim Mahoney und mit seinem strahlenden und gefestigten Tenor der einzig moralisch Korrekte in der Stadt. Ihm wird die Liebe zu Jenny zum Verhängnis, die Laura Nicorescu sehr lieblich singt. Auch wenn sie Jim wegen seiner Geldnot verlässt, bleibt sie eher das naive Mädchen, als der berechnende Vamp.
Ebenso sind Eric Greene als Dreieinigkeitsmoses und Rainer Maria Röhr als Fatty gut besetzt. Besonderes Lob gilt aber dem Chor des Salzburger Landestheaters, der eine eigene, zynische Körperschaft in Mahagonny darstellt und der schauspielerisch brilliert. Dazu spielt das Mozarteumorchester unter Adrian Kelly ein lautes, derbes Klangbett auf. Kelly setzt den Grundgedanken von Weills Musik solide um, ist manchmal derb, aber nie unsauber und manchmal klingen die Holzbläser-Solisten etwas ordinär. So, wie man sich das in einer Oper von Brecht erwartet.
Mit seiner Inszenierung von "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" setzt Jacopo Spirei ein dystopisches Mahnmal, was in einer Welt, in der Dank Social Media und Internet alles möglich ist, passieren kann und, wie sich diese Traumwelt selbst vernichtet. Die Übersetzung von Brechts Gesellschaftskritik in den 1930ern hat damit den Sprung in die Gegenwart gut und schlüssig geschafft. Das mag auch das Publikum so empfunden haben, denn es gab für alle großen Applaus und Jubel.