„Nastasya. 25 Jahre. Sie verlässt ihn. Er tötet sie.“ So bündig wie Regisseur Krzysztof Warlikowski es zu Beginn auf die Wand projizieren lässt, könnte man „Der Idiot“ natürlich zusammenfassen. Als Bericht eines Femizids (von denen die Operngeschichte übervoll ist). Zu sehen und hören bekommt man bei Warlikowski freilich die episch erzählte Geschichte von vier Menschen, die sich gleich in zwei Liebesdreiecken verfangen. Es ist ein Gefühlschaos aus verzehrender Leidenschaft, verfehltem Edelmut, Entsagung und Hass, in dem sich der Epileptiker Fürst Myschkin, sein impulsiver, gewalttätiger Freund Rogoschin, die unstete Schönheit Nastassja und die überforderte Aglaja aufreiben. Myschkin, der von den anderen Figuren wiederholt als „Idiot“ bezeichnet wird, ist in gewisser Weise ein solcher. Ein herzensguter, aufopferungswilliger sozialer Tölpel, der stets das Gute will und das Böse schafft, von Dostojewski als Don-Quixote-artige Parodie auf die Christusfigur angelegt. Und ein Idiot im ältesten Wortsinn: Ein Outsider, der nicht mitmachen will. Nicht gesellschaftsfähig und voller Verzweiflung über das Leid und Unglück, von dem er umgeben ist.