NEBENAN

Bewertung: **

Sitzen zwei an der Bar "Zur Brust": Er ist ein aalglatter, selbstverliebter Blender und eitler Gockel: Das Publikum lernt den Schauspieler Daniel kennen, der sich in einem schicken Loft in Berlin für die Rolle in einem internationalen Superheldenfilm vorbereitet und deswegen nach Berlin fliegen soll. Kurz davor kehrt er noch in der gar nicht schicken Eckkneipe „Zur Brust“ ein.
Dort spricht ihn Bruno (Peter Kurth) an und fragt ihn, zunächst ganz harmlos, um ein Autogramm. Bruno kennt alle von Daniels Filmen und weiß – als Nachbar – sonst auch viel zu viel. Je länger der Film dauert, desto stärker nervt die Geschwätzigkeit. Nach einem Drehbuch von Daniel Kehlmann kokettiert Daniel Brühl in der Hauptrolle und als Regisseur mit seiner eigenen Biografie. An Selbstverliebtheit mangelt es der Figurenzeichnung nicht, dabei hätte der Film als bissige Ost-West-Abrechnung durchaus funktionieren können. (js)

DRUK - DER RAUSCH

Bewertung: ****

Ein halbes Promille Alkohol im Blut fehlt uns Menschen zur Lebensfreude. Das zumindest glauben vier dänische Freunde in Thomas Vinterbergs Sozialdrama „Druk – Der Rausch“.
Martin ist Mitte 50, Vater zweier Kinder, Ehemann und Lehrer und sieht sein Leben quasi als Unbeteiligter an sich vorbeiziehen. Seinen Jugendfreunden Tommy, Nikolaj und Peter (Thomas Bo Larsen, Magnus Millang, Lars Ranthe) geht es als Lehrer und Menschen nicht anders. Alle vier gehen durch den Alltag, ohne Spezielles zu erleben oder noch viel von den kleinen Dingen zu spüren.
Nach einem Geburtstagsessen beschließen sie die These des norwegischen Psychologen Finn Skårderud über das Blutalkoholspiegel-Defizit als Experiment zu verifizieren und einen konstanten Pegel zu halten. Und siehe da: Plötzlich fließt nicht nur der Alkohol, sondern auch die Lebensenergie wieder.
Was nach einer albernen Altherren-Komödie klingt, wird in den Händen des einstigen Dogma-Regisseurs Thomas Vinterberg („Die Jagd“, „Das Fest“) zur hellsichtigen Sozialstudie, die meisterhaft von der existenzialistischen Tragikomik des Lebens erzählt. Lesen Sie die ausführliche Kritik hier. (mw)

WER WIR WAREN

Bewertung: ***

Wer wir waren. „Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Informationen, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erfahrung. So gingen wir, von uns selbst nicht aufgehalten“, konstatierte der 2016 verstorbene deutsche Publizist Roger Willemsen. Marc Bauders Dokumentarfilm „Wer wir waren“ knüpft daran an und geht der Frage nach, wie Expertinnen und Experten verschiedener Disziplinen mit dem Wissen der Zukunft einen Blick auf die Gegenwart zu werfen – u.a. Ozeanologin Sylvia Earle, Philosophin Janina Loh oder Astronaut Alexander Gerst. Eine
packende, hintergründige Mahnung an die Welt, wie mit unserem Planeten umgegangen wird. (js)