14 Jahre sitzt Mohamedou Ould Slahi ohne Anklage im Gefängnis. Und zwar als sogenannter „unlawful combatant“ im amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba. Sein von dort aus geschriebenes Buch „Guantanamo Diary“ liefert die Grundlage für „Der Mauretanier“ von Kevin Macdonald. Der starke Justiz-Thriller erzählt Slahis Gefangenen-Geschichte, teils in Form von Rückblenden, die er seiner Menschenrechts-Anwältin Nancy Hollander per Brief aus Guantanamo gibt.
In der Titelrolle gibt Darsteller Tahar Rahim seiner Figur auf großartige Weise die Würde zurück, die ihm die Amerikaner mit Folter verletzen. Ihm gegenüber brilliert Jodie Foster als abgebrühte, an der Oberfläche durchaus zynische ACLU-Verteidigerin, die der US-Regierung Paroli bietet. Im Gegensatz zu ihrer Assistentin (Shailene Woodley) ist sie nicht von der Unschuld Slahis überzeugt, sondern von dessen unveräußerlichen Grundrechten. Doch das Drehbuch nimmt mit dem Ankläger Stuart Couch noch eine dritte reale Position in seine wahre Geschichte auf. Benedict Cumberbatch spielt diesen Soldaten zunächst mit unsympathischer Härte.
In einer an Michael Manns „Heat“ erinnernden Szene unterhalten sich Ankläger und Verteidigerin bei einem Bier am Flughafen von Guantanamo. Dabei wird deutlich, dass die beiden ein Glaube an die rechtsstaatliche Ordnung eint, den die US-Regierung scheinbar längst aufgegeben hat. Auch heute halten die USA noch immer mehrere Dutzend Menschen ohne Rechtsgrundlage in Guantanamo gefangen.
Visuell macht „Der Mauretanier“ das beste aus seinem reduzierten Settings. Durchwegs realistisch gehalten, von den düsteren Büros über unterirdischen Hochsicherheits-Lesesäle bis zur fensterlosen Zelle Slahis, bricht sparsam dosiert die Sonne durch die Wolken. Das großartige Post-Scriptum des Films holt dann noch einmal die reale Vorlage auf die Leinwand: Der echte Mohamedou Ould Slahi singt in einer Video-Aufnahme den Bob-Dylan-Song „The Man in Me“.
Marian Wilhelm