Baseballstar, Funksänger, Menschenrechtsanwalt, Vietnamkrieg-Soldat und Superheld: Chadwick Boseman schlüpfte in seiner kurzen Karriere in überaus unterschiedliche Rollen. Der Schauspieler starb Ende August im Alter von 43 Jahren für die Öffentlichkeit völlig überraschend an einer Darmkrebs-Erkrankung. Ab 18. Dezember ist er in seinem letzten Film „Ma Rainey’s Black Bottom“ auf Netflix zu sehen, als ambitionierter junger Bluesband-Musiker im Jahr 1927. In der Verfilmung des gleichnamigen Bühnenstücks beweist der ins Schauspielfach gewechselte Theaterstudienabsolvent ein letztes Mal sein Talent. Mit dem starken Auftritt samt zwei intensiven Monologen ist ihm dafür eine Oscar-Nominierung so gut wie sicher. Und vielleicht würdigt ihn die Academy wie einst Heath Ledger im April sogar posthum mit dem Preis.


Die Dreharbeiten zu diesem kleinen Kammerspiel-Drama fanden im Juli/August 2019 statt. Rückblickend sind Boseman Krankheit und Chemotherapie, die er seinen Fans verschwieg, bereits anzusehen. Mit eingefallenen Wangen verkörpert er den Flügelhorn-Spieler Levee, der mit dem Rest der Band für eine Aufnahme-Session im sommerlich-heißen Chicago ist. Die Star-Sängerin der Truppe ist die selbstbewusste Gertrude „Ma“ Rainey, „Mother of the Blues”, exzentrisch verkörpert von Oscar-Preisträgerin Viola Davis („Fences“). Theaterhaft-kompakt spielt auch die Filmversion im Zeitraum der Session im Studio zweier weißer Produzenten. Levee komponiert eigene Songs und Arrangements und möchte gern selbst ein Bandleader mit Aufnahmen sein.


Über die Perspektive der bedeutenden Bluesmusik greift „Ma Rainey’s Black Bottom“ die rassistische Ära der großen afroamerikanischen Migration auf, als Teil eines Zyklus über afroamerikanische Geschichte des Autors August Wilson. Produziert von Oscar-Preisträger Denzel Washington, der bereits dessen Stück „Fences“ auf die Leinwand brachte, inszeniert nun Regisseur George C. Wolfe einen ebenso energiegeladenen wie musikalischen Ensemblefilm.

Verleiht ihm die Academy posthum einen Oscar?
Verleiht ihm die Academy posthum einen Oscar? © Netflix


Washington steht somit tragischerweise auch am Ende von Chadwick Bosemans Karriere, dem er als jungem Theaterstudenten einst die Reise zu einem Workshop in Oxford finanzierte. Auf der Leinwand porträtierte Boseman in kurzer Folge gleich mehrere historische Figuren und Ikonen des schwarzen Amerikas: Baseball-Legende Jackie Robinson („42“), „Mr. Dynamite“ James Brown („Get on Up“), den ersten afroamerikanischen Höchstrichter Thurgood Marshall („Marshall“) sowie Soldat Stormin’ Norman in Spike Lees Kriegsdrama „Da 5 Bloods“.


Boseman selbst durchbrach die rassistischen Barrieren Hollywoods in der Rolle als König T’Challa alias Black Panther im gleichnamigen Marvel-Blockbuster – dem ersten mit schwarzer Hauptfigur. Das kam einem popkulturellen Ereignis gleich. Seine Action-Auftritte als Avenger – drei davon im Wissen um seine Krebserkrankung gespielt! – knüpfen dabei direkt an die neue afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung an.
Der Disney-Konzern beweist nun sogar Feingefühl und besetzt Bosemans Rolle in der für 2022 geplanten Fortsetzung von „Black Panther“ nicht nach. So charismatisch er den König von Wakanda auch verkörperte, ist seine letzte Rolle als Jazzmusiker im Kammerspiel „Ma Rainey’s Black Bottom“ nun doch die würdevolle Coda eines allzu kurzen Schauspiel-Lebenswerks.